Die ÖVP hat den am Mittwoch präsentierten Verfassungsschutzbericht abgewartet, um mit ihrem bisher konkretesten Paket an Wahlkampfforderungen an die Öffentlichkeit zu gehen. Nachdem der Generaldirektor für öffentliche Sicherheit, Franz Lang, und Verfassungsschutzchef Peter Gridling bei der Präsentation des Berichts bei einer insgesamt entspannteren Bedrohungslage besonderen Fokus auf islamistischen Extremismus – „noch immer die größte terroristische Bedrohung in Österreich – sowie die Identitäre Bewegung – „Träger des modernen Rechtsextremismus“ – gelegt hatten, zielt die ÖVP nun mit einem Fünfpunkteprogramm genau auf diese beiden Strömungen.

So plant die Volkspartei eine Änderung des Vereinsgesetzes mit dem expliziten Ziel der „Auflösung der Identitären“. Derzeit kann ein Verein von behördlicher Seite nur aufgelöst werden, wenn er gegen Strafgesetze verstößt oder seinen statutenmäßigen Wirkungsbereich überschreitet.

Das passiert aber extrem selten (etwa im Fall des den Identitären zugeordneten „Vereins für lebendige Kultur und Brauchtumspflege“ in Linz) –, wenn die Gründer den Vereinszweck geschickt formulieren, hat der Staat in den meisten Fällen keine Handhabe gegen die Organisation.

Verbot könnte Struktur der Identitären zerschlagen

Das soll sich nun ändern: „Wenn der Verein genutzt wird, um extremistisches oder staatsfeindliches Gedankengut zu verbreiten“, sollen die Behörden ihn künftig auflösen können, heißt es in dem groben Plan der ÖVP, der der Kleinen Zeitung vorliegt.

Für sich allein würde diese Maßnahme die Identitären zwar nicht als Ganzes auflösen – die „Bewegung“ hat keine Rechtsform –, ihr aber wohl das Leben deutlich schwerer machen: So, wie sich ihre Struktur für die Staatsanwaltschaft Graz darstellt, dienen mehrere Vereine dazu, das Netzwerk der Identitären zu verwalten und „Zahlungen mit Lohncharakter“ an ihr Führungspersonal auszuzahlen.

ÖVP-Pläne für FPÖ "scheinheilig"

Die Ankündigung aus dem Wahlprogramm der ÖVP, den politischen Islam verbieten lassen zu wollen, hat bei der FPÖ am Freitag für Verwunderung gesorgt. Die Forderung sei "an Scheinheiligkeit nicht zu überbieten", sagte der geschäftsführende FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl in einer Aussendung. Die ÖVP hingegen verteidigte ihre eigenen Pläne.

Kickl ärgerte sich vor allem darüber, dass die Volkspartei FPÖ-Forderungen kopiere und jetzt im Wahlkampf damit "hausieren" gehe. Das zeige die "Unglaubwürdigkeit" der ÖVP, so Kickl. "Schließlich war es in der Bundesregierung das Justizressort und damit die ÖVP, die ein solches Gesetz blockiert und damit verhindert hat", führte der ehemalige Innenminister weiter aus.

Verteidigt wurden die kürzlich vorgelegten ÖVP-Pläne für den Kampf gegen Extremismus vom schwarzen Sicherheitssprecher Karl Mahrer. "Wenn wir Extremismus in jeder Form an der Wurzel bekämpfen wollen, braucht es tiefgreifende Maßnahmen und ein konsequentes Vorgehen. Der vorliegende Maßnahmenplan bildet genau das ab", sagte der ehemalige Wiener Landespolizei-Vizepräsident am Freitag in einer Aussendung.

Kickl strickt gegen Auflösung der Identitären

Der geschäftsführende FPÖ-Klubobmann und ehemalige Innenminister Herbert Kickl kann mit der Ankündigung der ÖVP, das Vereinsrecht so zu ändern, dass die Identitären aufgelöst werden können, nichts anfangen. "Das ist ein tiefer Eingriff in die Rechtsstaatlichkeit", sagte Kickl am Freitag bei einer Pressekonferenz in Strass im Zillertal.

Es könne nicht angehen, einfach so "aus Jux und Tollerei" sowie aus wahltaktischen Motiven in die Vereinsfreiheit einzugreifen, kritisierte Kickl. Vereins- und Versammlungsrecht seien aus gutem Grund verfassungsrechtlich geschützt. "Welch Geistes Kind" müsse man zudem sein, Islamisten - die "Kopfabschneider und Massenvergewaltiger" - in einen Topf zu werfen mit der identitären Bewegung, fragte der geschäftsführende Klubobmann. Ein "totalitäres Gesellschaftsmodell" wie bei Islamisten sei bei den Identitären, deren Fan er nicht sei, nicht vorhanden, argumentierte Kickl.

Der frühere Innenminister erinnerte daran, dass im Zuge der Diskussion über das Gesetz zum Verbot von politischen Symbolen der Verfassungsschutz den Standpunkt vertreten habe, dass die Identitäten nicht auf die Verbotsliste kommen sollen. Als Begründung sei angeführt worden, dass es in dem einzigen großen Verfahren gegen diese Bewegung, nämlich jenem in Graz, einen letztinstanzlichen Freispruch gegeben hat. "Ich wüsste nicht, was sich da inzwischen geändert hat", so Kickl.

Mehrzahl der Maßnahmen gegen Islamismus

Die Mehrzahl der ÖVP-Maßnahmen in dem Programm richtet sich aber gegen extremen Islamismus – als Begründung nennt die ÖVP unter anderem die Bedrohung durch „Rückkehrer aus Kriegsgebieten“, „integrationsfeindliche Predigten in Moscheen“ und „starken Zustrom aus Ländern, in denen der politische Islam beheimatet“ ist, im Zuge der Migrationskrise.

Als erste Maßnahme verspricht die Volkspartei für die kommende Legislaturperiode „strafgesetzliche Bestimmungen, die Betätigung im Sinne des politischen Islam mit Freiheitsstrafen verbieten“. Außerdem soll ein neuer Erschwernisgrund für härtere Strafen bei religiös-fundamentalistisch motivierten Taten sorgen.

Das im Bundeskanzleramt angesiedelte Kultusamt soll, wenn es nach der ÖVP geht, künftig auch als Vereinsbehörde zuständig für die Organisationen werden, die hinter Kultusgemeinden stehen: „In Zukunft soll mit Schließung der Kultstätte auch eine Auflösung des Moscheevereins einhergehen.“

In ihrem Forderungskatalog legt sich die Volkspartei nun auch fest, was mit ehemaligen Kämpfern des sogenannten „Islamischen Staates“ und deren Frauen und Kindern passieren soll, die derzeit noch in Syrien oder anderen Konfliktzonen festsitzen: Sie sollen vor einem internationalen Tribunal (unter Ausschluss der Todesstrafe) im Nahen Osten vor Gericht gestellt werden und eine etwaige Haftstrafe auch dort verbüßen.

Letzter Punkt ist ein bereits bekannter: Die Errichtung einer ähnlich dem DÖW organisierten „Dokumentationsstelle für den politischen Islamwar bereits vor Ende der Regierung mit der FPÖ paktiert.

Kommentar: Der Staat darf den Feinden seiner Grundordnung nicht passiv gegenüberstehen