Zwischen SPÖ und ÖVP ist ein Streit um Sexismus-Vorwürfe gegen den Bürgermeister von Retz (Bezirk Hollabrunn) entbrannt. SPÖ-Stadträtin Elisabeth Germann beschuldigte Helmut Koch (ÖVP) in einem offenen Brief, bei einem Termin die Hose geöffnet zu haben, bis seine Unterhose zu sehen war. Koch bestritt dies. VPNÖ-Geschäftsführer Bernhard Ebner forderte die SPNÖ auf, "ihre Vorwürfe zurück zu nehmen".

Germann berichtete in dem offenen Brief von einem Termin am 18. Juni: "Auf die Frage der Direktorin, ob jemand Kaffee möchte, hat Bürgermeister Koch geantwortet, selbstverständlich schwarz, er sei schwarz bis ins Innerste, er habe sogar schwarzes Blut und schwarze Unterhosen an. Dann hat er die Hose geöffnet bis seine Unterhose sichtbar war und gesagt, ach schau heute ist sie gestreift."

Angriff Richtung Landeshauptfrau

In Richtung ÖVP-Landesparteichefin Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner hielt Germann fest: "Ich appelliere an Sie als Frau, sich eindeutig zu distanzieren und solche Umgangsformen in Ihrer Partei nicht zu akzeptieren." Die Stadträtin forderte "im Sinne eines fairen politischen Wettbewerbs, der politischen Kultur in Niederösterreich und in Österreich", die Konsequenzen zu ziehen und Koch aus der Volkspartei auszuschließen. "ÖVP-Bürgermeister Koch hat mir gegenüber die Grenzen des guten Anstands weit überschritten", schrieb Germann. Die SPÖ Niederösterreich erwarte eine Stellungnahme von Mikl-Leitner und den Rücktritt des Stadtchefs, hieß es in einer Aussendung am Freitag.

Sie spreche "bewusst nicht von sexueller Belästigung", aber "von Ungeheuerlichkeiten und sexistischen Umgangsformen, die für niemanden und schon gar nicht eines Politikers würdig sind", so Germann. SPÖ NÖ-Landesgeschäftsführer Wolfgang Kocevar teilte mit: "Ein derartiges Verhalten ist ungeheuerlich und ein gesellschaftlicher Rückschritt in einer Zeit, in der sich Frauen und Männer als gleichberechtigt begegnen sollten. Dazu gehört für mich auch ein respektvoller Umgang - erst recht in der Politik, die eine Vorbildfunktion einnehmen sollte."

Koch wehrt sich

"Ich habe vielleicht einen flapsigen Spruch getätigt, aber sicher kein unrechtes Verhalten gesetzt. Ich habe meine Hose nicht geöffnet, das lasse ich mir von niemanden unterstellen. In dieser Frage bin ich auch bereit, meine Unschuld vor Gericht zu verteidigen", betonte Bürgermeister Koch in einer Stellungnahme.

VPNÖ-Landesgeschäftsführer Bernhard Ebner teilte mit: "Wer jemanden zu Unrecht sexistisches Verhalten unterstellt, erfüllt den Tatbestand der Kreditschädigung und der üblen Nachrede. Ich kann die SPÖ-NÖ nur auffordern, ihre Vorwürfe zurück zu nehmen."

Volksschuldirektorin will nicht bemerkt haben

Die Volksschuldirektorin allerdings erklärt, von dem Vorfall nichts bemerkt zu haben. "Die Besprechung war harmonisch wie sonst auch immer. Ich habe den Kaffee gemacht. Mir ist nichts aufgefallen", wurde Susanne Zlöbl von der "Krone" zitiert. Die SPÖ-Frauen verurteilten die Angriffe auf die Stadträtin.

"Frauen setzen sich gegen sexistisches Verhalten zur Wehr und das ist gut so", teilte SPÖ-Bundesfrauengeschäftsführerin Andrea Brunner am Freitag in einer Aussendung mit. "Es erfordert viel Mut, dieses Verhalten öffentlich zu machen. Es ist inakzeptabel, dass Elisabeth Germann nun auch noch angegriffen wird und ihr die Glaubwürdigkeit abgesprochen wird", sagte Brunner, die unter dem Hinweis "Trust women" zu Frauensolidarität aufrief.