Klaus Ortner, Hauptaktionär des Baukonzerns Porr, soll laut "Kurier"  wesentlich mehr an die ÖVP gespendet haben als KTM-Chef Stefan Pierer, der 2017 436.653 Euro lockermachte. Ortner bestätigte Zuwendungen in den Jahren 2017, 2018 und 2019 - aber die kolportierte Million wollte er laut der Zeitung weder bestätigen noch dementieren.

Die Neos forderten die sofortige Offenlegung. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda ging noch weiter und forderte die sofortige Offenlegung aller ÖVP-Parteispenden.

Nehammer sieht ÖVP unfair behandelt

Die Volkspartei werde von anderen Parteien und von Kritikern angepatzt wie selten, immer wieder werden falsche Anschuldigungen verbreitet, erklärte ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer in einer Pressekonferenz. "Und jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, dass wir uns das so nicht mehr gefallen lassen". Die Finanzierung werde man nun offen legen. Es werden Gerüchte und Unwahrheiten über die Unterstützer der Partei verbreitet, "wir wollen das nicht zulassen". Bei anderen Parteien gebe es das nicht. "Faktum ist: So sind wir nicht." Und deshalb wolle man dem nun ein Ende setzen.

Auch die Neos oder die Liste "Jetzt" habe große Spenden erhalten, "und wo war hier der Aufschrei?", fragte der Generalsekretär. Auch im Wahlkampf von Bundespräsident Alexander Van der Bellen sei viel Geld geflossen. Nehammer zählte mehrfach Großspender anderer Parteien namentlich auf und fragte dabei jeder Mal, ob das auch verwerflich gewesen sein. Offenbar gelte die Devise: "Solange es Spender bei den anderen Parteien gibt, ist alles in Ordnung, aber wenn es bei der Volkspartei geschieht, ist es verwerflich."

Nun werde man auch die Spenden aus dem Jahr 2017 offengelegt, demnach habe man in 2017 2,96 Millionen Euro bekommen. Inklusive Spenden an Landes- und Gemeindeparteien sowie an Wahlwerber und nahestehende Organisationen hat die ÖVP 4,4 Mio Euro eingenommen. Auf der Homepage von Parteichef Sebastian Kurz wurden nur 2,1 Mio. Euro veröffentlicht.

Der Porr-Großaktionär Ortner war dabei der größte Einzelspender für die ÖVP. Auch andere Parteien müssen dies nun tun, so Nehammer. Die ÖVP stehe zudem für eine Reform der Parteienfinanzierung im Land bereit, auch gegenüber der Idee einer Spendenobergrenze sei man aufgeschlossen.

Andere Parteien fordern Spendenverbote

Die anderen Parteien verlangen nach der Spenden-Offenlegung der ÖVP eine Verschärfung der Parteispendenregeln. Sowohl FPÖ als auch Liste JETZT fordern ein Verbot von Großspenden, die Grünen wollen strafrechtliche Sanktionen bei Verstößen gegen das Parteiengesetz. Die SPÖ sieht die Aussagen von Nehammer als "Täuschungsmanöver" und "Schuldeingeständnis" zugleich.

SP-Vizeklubchef Jörg Leichtfried kritisierte vor allem das Stückeln von Großspenden durch den Porr-Großaktionär Ortner: "Neun Tranchen, offenbar jede knapp unter der Sofortmeldeschwelle, das zeugt von einer gewissen Unverfrorenheit und völligen Gleichgültigkeit gegenüber dem Parteiengesetz, wie dies auch bei der Überschreitung der Wahlkampfkostenobergrenze um sechs Millionen Euro der Fall war." Er pocht auf ein Verbot von Großspenden ab 10.000 Euro.

FP-Generalsekretär Christian Hafenecker wiederholte die Forderung seiner Partei nach einem Verbot von Wahlkampfspenden über 3,.500 Euro. "Beim undurchsichtigen ÖVP-System bei den Großspendern muss endlich volle Transparenz gewährleistet werden", forderte Hafenecker via Aussendung. Außerdem plädiert er für die Registrierung von Personenkomitees und für die Einberechnung parteinaher Vereine in die Wahlkampffinanzen der Parteien..

Peter Pilz von JETZT wertet die Veröffentlichung der ÖVP-Spendenliste als "erstes Geständnis". Nun fordert Pilz auch die Offenlegung der gesamten ÖVP-Finanzen, insbesondere des Rechenschaftsberichts und aller "Tarnvereine". Dafür will Pilz auch eine "Whistleblower-Hotline" einrichten.

Auch der Grüne Wahlkampfleiter Thimo Fiesel kritisiert, dass die Tochter von Großspender Ortner im Aufsichtsrat der Staatsholding sitzt. "Die ÖVP erweckt mit ihrem Vorgehen in dieser Spendenaffäre den Eindruck der Käuflichkeit der Politik", kritisierte er in einer Aussendung.

Großspenden von vier Spendern

Ortner ist nicht der Einzige, der Spenden an die ÖVP in mehrere Beträge gestückelt hat. Das geht aus der Spendenliste hervor, die die ÖVP als Vorgriff auf ihren Rechenschaftsbericht am Freitag veröffentlicht hat. Darin scheinen nämlich drei weitere, bisher nicht beim Rechnungshof veröffentlichte Großspenden über 50.000 Euro auf. Der SPÖ warf Nehammer vor, ihrerseits das Parteiengesetz zu umgehen.

Konkret handelt es sich bei den Großspenden um Zuwendungen von Dorotheum-Geschäftsführer Martin Böhm und Markus Braun, Vorstand des deutschen Zahlungsdienstleisters Wirecard. Beide Namen finden sich zwar unter den bereits bekannten Spendern, die auf der Homepage der ÖVP veröffentlicht wurden. Allerdings scheinen sie dort nur mit 40.000 Euro auf - also zu wenig für eine sofortige Veröffentlichung beim Rechnungshof. Tatsächlich hat Böhm im Verlauf des Wahljahres aber 100.000 Euro gespendet, Braun 70.000 Euro. Auch hier hat die Stückelung in mehreren Teilbeträgen eine sofortige Veröffentlichung beim Rechnungshof also verhindert.

Ebenfalls unter den "Spendenstücklern" des Jahres 2017 ist die ILAG Vermögensverwaltung der Industriellenfamilie Turnauer, die dieses Modell schon 2013, 2014 und 2016 praktiziert hat. Sie hat den ÖVP-Zahlen zufolge 100.000 Euro überwiesen. Das Geld floss nach Angaben eines Parteisprechers an die Wiener Landespartei.

Auf der Homepage von ÖVP-Chef Sebastian Kurz sind 30.000 Euro, die Ortner direkt für den Wahlkampf 2017 spendete, aufgelistet - unter dem Namen der Holding, IGO Industries. Gegenüber dem "Kurier" bestätigte Ortner, dass er anfangs zwei oder drei Mal die Junge ÖVP unterstützt habe und in den Jahren 2017, 2018 und 2019 direkt die ÖVP. Und er versicherte: "Es ist alles ordnungsgemäß gelaufen und wurde dem Rechnungshof gemeldet."

Klaus Ortner: "Alles dem Rechnungshof gemeldet"
Klaus Ortner: "Alles dem Rechnungshof gemeldet" © EPA

Unterstützt hat der Tiroler Wirtschaftstycoon die ÖVP wegen Kurz - von dem er sich erhofft, den Wirtschaftsstandort Österreich voranzubringen. Er habe als Unternehmer in den vergangenen Monaten den Eindruck gehabt, "die Anliegen der Wirtschaft finden wieder Gehör".

"Nichts erkauft, nichts erschlichen"

Ortner erklärt, er habe "sich nichts erkaufen und nichts erschleichen" wollen: "Wir bauen zum Beispiel das Fußball-WM-Stadion in Katar, glauben Sie, da kann mir Kurz helfen?" Und dass Tochter Iris Ortner kürzlich in den Aufsichtsrat der Staatsholding ÖBAG bestellt wurde, habe ausschließlich mit ihrer Qualifikation zu tun und nicht mit den Spenden des Vaters.

Klaus Ortner mit Tochter Iris  bei der Eröffnung eines Bürogebäudes der PORR in Klagenfurt: Iris Ortner wurde kürzlich in den Aufsichtsrat der Staatsholding ÖBAG bestellt
Klaus Ortner mit Tochter Iris bei der Eröffnung eines Bürogebäudes der PORR in Klagenfurt: Iris Ortner wurde kürzlich in den Aufsichtsrat der Staatsholding ÖBAG bestellt © Fritz Press GmbH

Ortner hat eine der größten Gebäudetechnik-Gruppen Österreichs aufgebaut. Die Familienholding ist nicht nur mit knapp 40 Prozent an Porr beteiligt, mit 5,6 Milliarden Bauleistung und knapp 20.000 Mitarbeiter der zweitgrößte Baukonzern in Österreich, sondern auch am Immobilienentwickler UBM.

"Mehr als stinkende Randnotiz"

Neos--Chefin Beate Meinl-Reisinger zeigte sich in einer Aussendung "verärgert". Es sei "mehr als nur eine stinkende Randnotiz", dass die Tochter Ortners seit Kurzem im ÖBAG-Aufsichtsrat sitze. Meinl-Reisinger forderte Kurz auf, sofort den Rechenschaftsbericht offenzulegen und nicht zu warten, bis im August der Rechnungshof die Berichte veröffentlicht. Die Österreicher würden sich jetzt erwarten, "dass sofort Rechenschaft abgelegt wird" - darüber, wofür die ÖVP im Nationalratswahlkampf 2017 13 Millionen Euro ausgegeben hat und wer all das finanziert hat.

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda forderte die sofortige Offenlegung aller ÖVP-Parteispenden. Es sei "ungeheuerlich", dass Ortner offensichtlich mehr gespendet habe als die angegebenen 30.000 Euro. Parteichef Sebastian Kurz müsse endlich für volle Aufklärung sorgen.

"Seit Jahrzehnten System"

Drozda hielt der ÖVP vor, dass bei ihr verdeckte Parteienfinanzierung offenbar seit Jahrzehnten System habe. "Das muss endlich ein Ende haben", bekräftigte Drozda die Forderung der SPÖ nach härteren Strafen bei Wahlkampfkostenüberschreitung und einem Verbot von Großspenden ab 10.000 Euro.

Rechenschaftsberichte

Auch SPÖ-Rechnungshofsprecherin Karin Greiner verlangte die sofortige Aufklärung. "Es entsteht immer mehr der Eindruck, dass sich einige Parteien in Österreich von der Industrie kaufen lassen" bzw. Großaufträge gegen Spenden an die Wirtschaft vergeben, pochte sie auch auf saubere Vergabeverfahren.

In einem Schreiben an RH-Leiterin Margit Kraker ersucht Greiner, um eine "möglichst rasche Veröffentlichung der Rechenschaftsberichte der 2017 für den Nationalrat kandidierten Fraktionen". Denn "ein Zusammenhang zwischen Spenden an Parteien und Auftragsvergaben, Personalbesetzungen oder Gesetzeswünschen zugunsten der Großspender muss tunlichst vermieden werden".