Bundespräsident Alexander Van der Bellennimmt den Wunsch des Nationalrats zur Schließung des umstrittenen Abdullah-Zentrums zur Kenntnis, dämpft aber Hoffnungen auf eine umgehende Umsetzung. "Das ist nicht einfach durch einen Beschluss zu erfüllen, dieser Wunsch des Parlaments, sondern das ist eine etwas kompliziertere Angelegenheit", sagte Van der Bellen am Donnerstag in Wien.

"Der Nationalrat hat die Schließung empfohlen, das muss man zur Kenntnis nehmen", sagte Van der Bellen bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit dem slowenischen Präsidenten Borut Pahorauf eine Frage der APA. "Minister Schallenberg hat ja schon angekündigt, dass er sich mit dieser Frage befassen wird und das Notwendige in die Wege leiten wird", verwies er auf den Außenminister.

Das Außenministerium hatte bereits am Mittwoch versichert, dass der Beschluss des Nationalrates "umzusetzen ist". Schallenberg "hat bereits die Prüfung aller rechtlich notwendigen Schritte beauftragt". "Er wird dafür Sorge tragen, dass die Umsetzung ohne Schaden für Österreichs außenpolitische Interessen und im Rahmen der internationalen Gepflogenheiten erfolgt."

"Überraschung" in Madrid

"Überrascht" und "irritiert" ist man indes in Madrid über den Entschließungsantrag des Nationalrates. Man habe davon gestern "aus den Medien erfahren", hieß es aus spanischen Diplomatenkreisen gegenüber der "Presse". Vom Außenministerium in Wien sei man gar nicht kontaktiert worden - nicht einmal nach dem Votum.

Der Nationalrat hatte am Mittwochnachmittag mit dem Stimmen von SPÖ, FPÖ, NEOS und Liste JETZT einem Entschließungsantrag der letztgenannten Fraktion zugestimmt, wonach Schallenberg zunächst mit allen diplomatischen Mitteln - bis zur Ausweisung des kompletten saudischen Botschaftspersonals aus Österreich - für eine Freilassung eines jungen Mannes kämpft, dem wegen einer Demonstrationsteilnahme mit zehn Jahren die Todesstrafe droht. Sollte dies nicht gelingen, solle Österreich vom Errichtungs- und Amtssitzabkommen des Abdullah-Zentrums zurücktreten.

Das "König Abdullah Bin Abdulaziz Zentrum für Interreligiösen und Interkulturellen Dialog" (KAICIID) wurde im Jahr 2012 als gemeinsame Initiative von Saudi-Arabien, Österreich, Spanien und dem Vatikan als Beobachter aus der Taufe gehoben. Die Kosten von rund 15 Millionen Euro jährlich trägt größtenteils Saudi-Arabien. Kritiker sehen in dem Dialogzentrum einen Versuch des Regimes, sich vom Vorwurf der Menschenrechtsverletzungen reinzuwaschen.

Glaube an Wiederauferstehung der Grünen

Bundespräsident Van der Bellen rechnet zudem mit einem Wiedereinzug der Grünen bei der Nationalratswahl. Die Ergebnisse der Europawahl hätten gezeigt, "dass es sehr wahrscheinlich ist, dass die Grünen wiederauferstehen und wieder den Einzug in den Nationalrat schaffen", sagte Van der Bellen am Donnerstag bei einer Pressekonferenz mit seinem slowenischen Amtskollegen Borut Pahor in Wien.

Eine slowenische Journalistin hatte ihn gefragt, wie Österreich nach der Nationalratswahl aussehen werde. "Wenn ich es wüsste, wie Österreich nach den Wahlen aussehen wird", gab der Bundespräsident eine für ihn typische Antwort. "Die Meinungsumfragen heute liegen relativ gut für die Österreichische Volkspartei und die Ergebnisse der Wahlen zum Europäischen Parlament vor zehn Tagen haben gezeigt, dass es sehr wahrscheinlich ist, dass die Grünen wiederauferstehen und wieder den Einzug in den Nationalrat schaffen. Darüber hinaus möchte ich darüber nicht spekulieren."

Krisenmanager Van der Bellen

In Anspielung auf den Start der Regierung am gestrigen Mittwoch im Nationalrat sagte Van der Bellen, es gebe derzeit eine Bundesregierung, "die über keine automatische Mehrheit im Parlament verfügt. Wir werden sehen, wie sich diese Koexistenz bis zu den Nationalratswahlen entwickelt und danach wird es Verhandlungen geben über eine neue Bundesregierung."

Pahor lobte das Krisenmanagement Van der Bellens. Obwohl dies vielleicht als Einmischung in die inneren Angelegenheiten Österreichs gesehen werden könnte, "würde ich gerne meine Bewunderung äußern angesichts des Vorgehens von Präsident Van der Bellen in einer Zeit, einer Situation, die für Österreich ohne Gleichen ist", sagte der frühere slowenische Ministerpräsident.

Pahor absolviert am heutigen Donnerstag einen offiziellen Besuch in Österreich und ist das erste Staatsoberhaupt, das Van der Bellen nach der Ibiza-Krise empfängt. Im APA-Interview sagte Pahor, dass er keine Absage der Visite wegen der innenpolitischen Turbulenzen erwogen hatte. Der neuen Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein, die er um 13.00 Uhr im Bundeskanzleramt treffen wollte, streute er Rosen. Noch in ihrer Funktion als Verfassungsgerichtshofs-Präsidentin durfte er sie vor zwei Monaten in Ljubljana kennenlernen. Sie sei "richtig sympathisch" gewesen. "Wir hatten ein ausgezeichnetes Gespräch.