Der aktuelle Anlassfall: Der Spuckskandal, gefolgt von einem  handgreiflichen Konflikt zwischen einem Schüler und einem Lehrer an einer HTL in Wien-Ottakring. Eine unabhängige Kommission soll die genauen Umstände klären, die zu diesem Horror im Klassenzimmer an einer HTL in Wien-Ottakring geführt hat.

Bildungsminister Heinz Faßmann stellte heute Vormittag ein Maßnahmenpaket vor, das künftig eine bessere schuldisziplinarische und pädagogische Handhabe bei gravierendem Fehlverhalten im Unterricht sicherstellen soll.

Der am Freitagvormittag zusammen mit Erwin Rauscher, Rektor der Pädagogischen Hochschule Niederösterreich, und Andrea Richter von der Bildungsdirektion Niederösterreich präsentierte Neun-Punkte-Plan beinhaltet drei Stufen: Prävention, Konfliktresilienz und Eskalation.

In Österreich sollen sogenannte Time-out-Klassen nach Schweizer Vorbild entstehen, die gewalttätige Schüler eine Zeitlang besuchen müssen. Ähnliche Modelle gibt es als Time-out-Gruppe, Förder- oder Kleinklasse schon jetzt. Sie richten sich aber an Extremfälle. Schüler in sozio-emotionalen Krisen werden über Monate in Kleinstgruppen auch medizinisch und therapeutisch betreut.

Auf Ebene der "Konfliktresilienz" findet sich außerdem das Konzept eines "Cool-down-Raumes", der der Deeskalation dienen soll. Dort sollen Streitende ihr Verhalten reflektieren.

Time-out-Gruppen in Kärnten

Für den Kärntner Bildungsdirektor Robert Klinglmair ist das derzeitige Modell damit "definitiv etwas anderes" als die geplante Maßnahme, die für ihn eher einer "Cool-off-Phase" außerhalb der Klasse samt Bewusstseinsbildung ähnelt, nach der man relativ rasch in die Klasse zurückkehrt. In den Time-out-Gruppen in Kärnten landen Schüler mit schweren Störungen des Sozialverhaltens, teilweise durch Gewalt oder Übergriffe im Kindesalter traumatisiert. Ziel sei zwar, dass die Kinder und Jugendlichen wieder in ihre Regelklasse zurückkehren können. Allerdings bräuchten die "ausgeklügelten Strategien" zu deren Stabilisierung auch eine gewisse Zeit. Bis zu einem Schuljahr verbringen sie deshalb in diesen Gruppen, dabei kooperieren die Lehrer eng mit anderen Professionen (etwa Schulpsychologie, Psychiatrie, Kinder- und Jugendhilfe) und - wenn möglich - mit den Eltern. Keinesfalls sei das Kärntner Modell aber als Disziplinierungsmaßnahme zu verstehen.

Spezialangebot in Wien

In Wien gibt es unter dem Titel Förderklassen an den Pflichtschulen ein Spezialangebot für Kinder und Jugendliche in sozial-emotionalen Krisensituationen mit Aggressionsdurchbrüchen. In Absprache mit Schülern, Eltern, Schulpsychologen und Beratungslehrern wird über die Zuweisung zur Förderklasse entschieden, die Schüler verbringen dort dann einige Monate bis maximal zwei Jahre. Die Förderklassen sind über ganz Wien an Volks- und Sonderschulen verteilt. Hier kümmern sich bis zu zwei speziell ausgebildete Lehrer um vier bis fünf Kinder, unterstützt von spezialisierten Schulen und in Zusammenarbeit mit anderen Professionen von Schulpsychologen und Kliniken bis hin zu Kunst- und Waldpädagogen. Gewaltfreie Konfliktlösung und das Einhalten sozialer Regeln ist dabei laut Rupert Corazza, Wiens Landesschulinspektor für Inklusion, oberstes pädagogisches Ziel.