Was bleibt Arbeitnehmern von der Steuersenkung über, die die Bundesregierung vor kurzem präsentiert hat? Rund 700 Euro mehr im Börsel pro Jahr bei 2500 Euro brutto im Monat, behauptet die Regierung. Stimmt nicht, sagt der liberale Thinktank Agenda Austria – und rechnet vor, dass ein solcher Arbeitnehmer effektiv um weniger als 200 Euro im Jahr entlastet wird.

Der Unterschied: Die Agenda zieht ab, wie viel Arbeitnehmer seit der letzten Steuerreform 2016 mehr an Steuern abgeliefert haben. Es geht um die „Kalte Progression“, die die Koalition abschaffen wollte – das hat sie jetzt aber auf die ferne Zukunft verschoben, denn: sie bringt dem Staat Jahr für Jahr hunderte Millionen Euro, ohne dass es groß jemandem auffällt.

Und das geht so: Die allermeisten Gehälter in Österreich werden jährlich in Verhandlungen der Sozialpartner um die Inflation bzw. etwas darüber erhöht. Weil aber Steuerklassen, Absetzbeträge usw. nicht angepasst werden, zahlen Arbeitnehmer nach der Erhöhung einen höheren Steueranteil.

Eine Arbeitnehmerin, die 2016 30.000 Euro brutto verdient hat, hat in diesem Jahr rund 2528 Euro Lohnsteuer abgeliefert. Wenn wir jetzt annehmen,, dass ihr Gehalt seither jedes Jahr um die Inflation angehoben worden ist, bekommt sie heuer, 2019, zwar rund fünf Prozent mehr Lohn – sie zahlt aber um 15 Prozent höhere Steuern: 2913 Euro. Würde die kalte Progression abgeschafft, müsste sie ebenfalls nur um fünf Prozent mehr Lohnsteuer zahlen.

Wenn man diese Mehrbelastung seit 2016 nun von der Entlastung durch die Steuerreform abzieht, bleiben deutlich geringere Beträge über als die von der Regierung angepriesenen.

© Agenda Austria

Lesebeispiel: Wer 2022 (wenn die Lohnsteuersenkung voll in Kraft treten soll) im Monat brutto 3500 Euro verdient, wird der Regierung zufolge 1132 Euro weniger Steuern zahlen; weil seine Steuerlast seit 2016 durch die Kalte Progression aber um 804 Euro gestiegen ist, wird er unterm Strich nur um 328 Euro entlastet.

„Im Vergleich zur Steuerlast trifft die Kalte Progression speziell die Gering- und Mittelverdiener“, argumentiert Agenda-Ökonom Dénes Kucsera: Besonders Gehälter zwischen 1500 und 2500 Euro (und am anderen Ende der Skala bei 6500 Euro aufwärts) bliebe am wenigsten von der angekündigten Entlastung.