ÖVP-Chef und Bundeskanzler Sebastian Kurz hat am Samstag beim Wahlkampfauftakt der Volkspartei für die EU-Wahl vor den rund 1000 Mitgliedern und Sympathisanten in den Sofiensälen die nötige Mobilisierung in den verbleibenden Wochen bis zum Urnengang am 26. Mai eingemahnt. Zudem erneuerte der Bundeskanzler seine Forderung nach einer Neuverhandlung des EU-Vertrages.

Schützenhilfe erhielt er dabei von Spitzenkandidat Othmar Karas, der sich ebenfalls für die Anpassung des Lissabonvertrages aussprach. Die Gemeinschaft müsse "zukunftsfit" gemacht werden, argumentierte er in seiner Rede: "Wir dürfen uns nicht mit den Ritualen der Vergangenheit zufriedengeben."

EU müsse "robuster und stärker" werden

Der Vertrag von Lissabon habe auf die Krisen der vergangenen Jahre wie die Finanzkrise, die Schuldenkrise, die Migrationskrise, die Klimakrise und das Brexit-Chaos keine Antworten geben können, meinte Kurz. Daher sei es jetzt an der Zeit, ein neues Regelwerk zu entwickeln, ein "neues, besseres Fundament". Die EU müsse "robuster und stärker" werden. Dies traue er EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber zu, der beim Wahlkampfauftakt zugegen war und ebenfalls eine Rede hielt.

Er wolle die EU nicht "den rechten oder linken Chaoten" überlassen, so Kurz. Europa dürfe nicht den "Bach" hinuntergehen. Auch brauche es mehr Hausverstand und weniger Bürokratie. Diesebezüglich sei Weber der richtige Mann, gab sich der ÖVP-Chef überzeugt. "Was es aber jetzt noch braucht, ist eure Kraft und euer Engagement", so Kurz in Richtung der versammelten Sympathisanten.

Bei dieser Wahl gehe es um "deutlich mehr" als darum wer ins EU-Parlament einzieht - "es geht darum, ob wir den Elan mitnehmen können wie nach dem 15. Oktober". Oder ob jene jubeln, die den "ganzen Tag" die Regierung schlechtredeten.

"Müssen Menschen überzeugen"

In die gleiche Kerbe schlug auch Karas: "Wir müssen viele Menschen davon überzeugen, dass sie zu den Urnen gehen." In seiner Rede verwies der Spitzenkandidat darauf, dass zwei Drittel unseres Wohlstands außerhalb Österreichs, aber innerhalb der EU erwirtschaftet werden. Ohne EU gebe es keine vier Freiheiten, kein Erasmus und kein Senken der Roaminggebühren.

EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber und Kanzler Sebastian Kurz
EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber und Kanzler Sebastian Kurz © APA/GEORG HOCHMUTH

Das europäische Parlament sei das "größte multinationale Parlament der Welt, wo die Vertreter direkt gewählt werden". Die Menschen müssten zu den Urnen gehen, man dürfe Europa nicht den "linken und rechten Populisten" überlassen. Auch dürfe sich die ÖVP nicht gegeneinander ausspielen lassen: "Wir sind ein Team und engagieren uns gemeinsam für ein besseres Europa".

Weber betont Stellenwert der Handelspolitik

EVP-Spitzenkandidat Weber warnte in seiner Rede ebenfalls davor, dass es genügend Kräfte gebe, die Europa wieder rückabwickeln möchten. Zudem stellte er in Aussicht, dass "seine Kommission" dafür sorgen würde, dass das bestehende Recht auf den Prüfstand gestellt und unnötige Gesetze auch gestrichen würden. Weber hob den Stellenwert der Handelspolitik hervor. Diese sei für Europa als Exportkontinent von zentraler Bedeutung. Europa müsse dafür sorgen, dass es in der Welt ehrliche Spielregeln gebe. Wenn China künftig strategisch Firmen in Europa übernehmen möchte, müsse die EU die Möglichkeit haben, diese zu untersagen, bekräftigte er.

Europa sei vielfältig, habe aber eine Gemeinsamkeit, so Weber: "Der Kontinent ist christlich geprägt. Das ist nichts fürs Museum, sondern gibt uns Orientierung für morgen. Wir haben gemeinsame Wurzeln." Er stehe für ein demokratisches Europa, daher werde er dafür sorgen, dass die Beitrittsgespräche der Türkei zur europäischen Union beendet werden.