Rechtsextremist Martin Sellner hat sich am Freitag in einem über zehnminütigen Online-Videomonolog für sein Hakenkreuz-Kleben im Jahr 2006 gerechtfertigt. Er habe provozieren wollen und sei damals "tatsächlich rassistisch, xenophob und antisemitisch" unterwegs gewesen. Mit dieser Ideologie habe er gebrochen, nicht aber mit seinem Patriotismus.

Er ortete eine Kampagne gegen sich. Diese "mediale Nazi-Trommelfeuer" werde weitergehen, "bis die FPÖ Wachs geworden ist in den Händen von Sebastian Kurz".

Die Sache liegt lange zurück, ist deshalb aber nicht weniger brisant. Martin Sellner, heute Chef der rechtsradikalen Identitären Bewegung, war damals 17 Jahre alt. Gemeinsam mit einem gleichaltrigen Gesinnungsgenossen hatte Sellner Plakate mit einem Hakenkreuz und der Aufschrift „Legalisiert es“ an der Außenmauer der Synagoge in Baden bei Wien angebracht.

Die Sicherheitsbehörden erstatteten Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt. Zwei Tatverdächtige konnten ermittelt werden, einer der beiden war Martin Sellner. Kanzler Sebastian Kurz distanzierte sich noch Donnerstag am späten Abend: Die Enthüllungen seien "widerlich", als Bundeskanzler werde er "keine neonazistischen Umtriebe dulden", schrieb er via Twitter:

Die Befragung des zweiten Verdächtigen ergab eindeutige Hinweise auf die Motive der Tat. „Als Martin Sellner und ich in den Medien Berichte über die Verurteilung von Irving hörten, beschlossen wir, irgendetwas zu machen.“ (David Irving ist ein bekannter britischer Holocaustleugner, der damals bei einem Österreich-Besuch auf Einladung der Burschenschaft Olympia verhaftet und verurteilt worden war.) „Wir trafen uns am Josefsplatz in Baden und Martin Sellner zeigte mir einen Hakenkreuzaufkleber, den er mitgebracht hatte. So gegen 22 Uhr gingen wir zu Fuß an der Konditorei Lehner vorbei zur Synagoge und blieben vor der Einfahrt kurz stehen. Martin Sellner nahm den Aufkleber, zog die Folie ab und klebte das Hakenkreuz auf den Betonsteher beim Einfahrtstor“, gab der Kompagnon Sellners bei der polizeilichen Einvernahme an. Das Protokoll liegt der Kleinen Zeitung vor.

Weiters wurde dem jungen Mann ein Aufkleber mit dem Hakenkreuz und der Aufschrift „Legalisiert es“ vorgelegt. „Ich gebe dazu an, dass auch diesen Aufkleber Martin Sellner und ich angebracht haben“, sagte der Kollege Sellners vor der Polizei aus. Auch ein Wappen mit den Buchstaben „AJ“ (steht für „Arische Jugend“) wurde ihm vorgelegt. „Ich glaube, dass dieses vom Martin Sellner entworfen wurde, weil er sich mit Computern sehr gut auskennt und er in Baden der einzige ,Rechte‘ ist, den ich kenne“, sagte er.

Sellner kam mit außergerichtlicher Einigung davon

Von Sellner habe er auch Aufkleber mit der Aufschrift „Das gibts nur bei uns: ein Service der Stadt Baden, Türkeiurlaub ein Leben lang, Baden stinkt – du weißt warum“. Auch auf diesem Plakat seien die Buchstaben AJ angebracht gewesen. Abschließend gab der Kollege Sellners an, dass er sich von dessen Einstellung distanziere.

Da auch Sellner sich reuig zeigte, kam es zu einer außergerichtlichen Einigung. Sellner verpflichtete sich, 100 Stunden Hilfsarbeiten auf dem jüdischen Friedhof in Baden zu verrichten.