Die roten Bundesräte "nehmen die Zerschlagung der Sozialversicherung nicht zur Kenntnis, so die SPÖ-Verfassungssprecherin im Bundesrat, Elisabeth Grossmann.

In folgenden Punkten unterstellt der rote SPÖ-Teil des Bundesrates in seinem Antrag auf Gesetzesprüfung der Regelung der türkis-blauen Bundesregierung Verfassungswidrigkeit:

Die Fusion an sich sei nicht erforderlich, die neun Monate Zeit,  die die Kassen für die Zusammenlegung haben, "willkürlich und viel zu kurz", der Prozess betriebswirtschaftlich nachteilig für die Krankenkasse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Die Effizienzsteigerung sei nicht nachvollziehbar, die Mehrbelastungen unvollständig dargestellt.

Die Prüfung der Versichertenvertreter auf ihre Eignung hin widerspreche dem Prinzip der Entsendung aus dem Kreis der versicherten Personen: Das Erfordernis hochspezialisierter juristischer Kenntnisse sei von den wenigsten Personen aus dem Versichertenkreis erfüllbar.

Zu viel Macht für Dienstgeber

Die Dienstgeber-Parität sei nicht akzeptabel. In seinem Urteil zum letzten Versuch einer Reform im Jahr 2003 habe der VfGH bekräftigt, dass die Versicherungsträger Selbstverwaltungskörper sind. Dienstgeber seien weder krankenversichert noch leistungsberechtigt, und auch nur teilweise Zahler: "Nach den vorliegenden Daten des Jahres 2017 haben die Arbeitgeber gerade einmal 28,9 % aller Mittel zur Krankenversicherung der unselbständig Erwerbstätigen beigetragen." Vor diesem Hintergrund seien die Dienstgeber als "Außenstehende" zu betrachten, und diese dürften nicht gleichgestellt werden: Ihnen dürfe nämlich kein maßgeblicher Einfluss auf die Geschäftsführung zukommen (bisher waren die Dienstgeber vor allem in den Kontrollgremien maßgeblich vertreten).

Eingriffe ins laufende Geschäft

Die Eingriffe in die Selbstverwaltung durch Aufsichtsmittel des Bundes sei unverhältnismäßig: Eine "Rechtmäßigkeitskontrolle" wäre unproblematisch, eine "Zweckmäßigkeitskontrolle" jedoch nur in "wichtigen Angelegenheiten" zulässig. Das neue Gesetz fasse diese so weit, dass de facto für die  meisten Beschlüsse eine Zustimmungspflicht durch die Aufsichtsbehörde vorgesehen sei, damit könne diese nach Belieben in die laufende Geschäftsführung eingreifen.

Dass die Einhebung der Beiträge und die Beitragsprüfung zur Gänze einer staatlichen Behörde, nämlich den Finanzämtern, übertragen werde, sei ein verfassungswidriger Eingriff in "den existenziellen Kernbereich der Selbstverwaltung".

Selbstbehalte wider Willen?

Die Ausgestaltung des Dachverbandes (künftig "Konferenz") sei ebenfalls verfassungswidrig. Durch die Trennung der Aufgaben in Vorbereitung und Beschluss und die Möglichkeit, die Vorbereitung umfassend und permanent an andere Träger zu übertragen, liege das Ob und Wie der Aufgabenteilung nicht mehr allein in der Hand der Selbstverwaltung. Der Dachverband drohe seine Fachkompetenz zu verlieren. In der Konferenz hätten die kleinen Kassen durch die neue Zusammensetzung unverhältnismäßig großes Gewicht. Die Folge: Alle anderen Versicherungsträger gemeinsam könnten zum Beispiel gegen die Stimmen der Österreichischen Gesundheitskasse beschließen, dass bei den Versicherten der ÖGK Selbstbehalte eingeführt werden.

Die künftig mögliche Zwangstransferierung von DienstnehmerInnen, zum Beispiel die Zuweisung von Kassenbediensteten zum Prüfdienst (der künftig beim Finanzamt angesiedelt ist) widerspreche dem Arbeitsrecht. Die Übertragung von Dachverbandsbediensteten zu Trägern sei nicht genau definiert, die rechtlichen Konsequenzen lägen im Dunklen.