Für die evangelischen Christen und die Altkatholiken bleibt der Karfreitag, der heute für dicke Luft nach dem Ministerrat gesorgt hatte, nach Ansicht der Gewerkschaft ein ganzer Feiertag. Der leitende ÖGB-Sekretär Bernhard Achitz begründete dies am Mittwoch gegenüber der APA mit dem General-Kollektivvertrag und mit dem von Rechtsexperten sogenannten Günstigkeitsprinzip, das den General-KV zum Karfreitag, den es seit 1952 gibt, wiederaufleben lässt.

Das Günstigkeitsprinzip besagt, dass Bestimmungen in Kollektivverträgen nur besser sein können als das Gesetz, Betriebsvereinbarungen wiederum nur besser als der Kollektivvertrag und der Arbeitsvertrag nur besser als die Betriebsvereinbarung.

Alte Regelung komme zum Tragen

Nachdem die Regierung plant, dass Gesetz so zu ändern, dass der generelle Feiertag am Karfreitag erst um 14 Uhr beginnt, kommt die alte Karfreitagsregelung aus dem General-KV wieder zum Tragen. Darin heißt es, der Karfreitag sei ein bezahlter und ganztägiger Feiertag für "Arbeitnehmer, die ihre Zugehörigkeit zu einer in Österreich gesetzlich anerkannten Religionsgesellschaft nachweisen, bei der der Karfreitag als kirchlich gebotener Feiertag gefeiert wird."

Achitz kritisiert, dass die Regierung mit dem geplanten halben Feiertag die vom EuGH festgestellte Diskriminierung - trotz Kenntnis der Rechtslage in puncto General-KV - nicht behebt. Als diskriminierungsfreie Lösung schlägt Achitz einen "beweglichen Feiertag zur religiösen Pflichterfüllung" vor.

Achitz schloss Klage nicht aus

Mit Empfehlungen für betroffene Gläubige - das sind die evangelische Kirche A.B. und H.B., die altkatholische Kirche und die Methodistenkirche - will die Gewerkschaft den Gesetzestext der Regierung abwarten. Dieser wird für nächste Woche erwartet. Achitz schloss auch nicht aus, mit einer weiteren Klage die Diskriminierung nochmals gerichtlich feststellen zu lassen, um einen Feiertag für alle durchzusetzen.

Der EuGH hatte im Jänner die derzeitige gesetzliche Feiertagsregelung als gleichheitswidrig aufgehoben. Ein bezahlter Feiertag wie der Karfreitag darf nicht nur einzelnen Religionsgruppen zugestanden werden, entschied der Europäische Gerichtshof.

Die Karfreitagsregelungen in Arbeits- und Feiertagsruhegesetz beruhen auf eben jenem General-KV, den Gewerkschaft und Wirtschaftskammer 1952 geschlossen hatten und 1953 um die Altkatholiken ergänzt wurde. Dieser gilt für alle Branchen. Im selben Vertrag ist übrigens für die israelitische Glaubensgemeinschaft in Österreich der Versöhnungstag als arbeitsfreier Tag festgelegt.