Kardinal Christoph Schönborn zeigt sich unzufrieden mit der Berichterstattung über seine TV-Aussage, dass ein Pfarrer in seiner Jugend versucht habe, ihn zu küssen. "Manche Schlagzeilen haben so getan, als hätte ich mich als Missbrauchsopfer geoutet", das habe ihn "geärgert", sagte er in einem via Kathpress verbreiteten Statement auf der Homepage der Erzdiözese. Er habe eine "Episode als Illustration für den in den 50er-Jahren noch viel verkrampfteren Umgang mit der Sexualität erzählt", "ein von mir im Übrigen sehr geschätzter Priester hat mir verbal einen Kuss angetragen".

"Ich selber kann mich nicht als Opfer bezeichnen", betonte Schönborn. "Das Opfer bin nicht ich, sondern sind die vielen, denen wirklich Leid angetan wurde. Ihnen muss man zuhören, sie ernst nehmen." Was ihm damals passiert sei, "war sicher eine Grenzverletzung, und so etwas kann der Ausgangspunkt von Missbrauch sein", erklärte der Kardinal, "aber mich deswegen ein Opfer zu nennen, ist Sensationshascherei". Das sei den wirklichen Opfern gegenüber "ungerecht".

Ausbeutung von Nonnen

Vor dem Anti-Missbrauchsgipfel im Vatikan Ende Februar rücken unterdessen auch Nonnen als Opfer sexueller Gewalt in den Fokus. Die Präsidentin der Vereinigung der Frauenorden Österreichs (VFÖ), Beatrix Mayrhofer, beklagte im "Standard" (Freitagausgabe) psychische Gewalt, Erniedrigung, Ausbeutung und Abwertung von Ordensfrauen.

Papst Franziskus hatte am Dienstag sexuellen Missbrauch von Nonnen in der katholischen Kirche eingeräumt. "Das ist für uns leider eine bekannte Tatsache", sagte Mayrhofer. Sie sei dankbar dafür, dass der Papst dieses Thema nun so klar angesprochen habe, dadurch erhalte es "höchste Priorität". Ihr selbst sei kein strafrechtlich relevanter Fall sexueller Gewalt gegen Ordensfrauen innerhalb der 106 weiblichen Ordensgemeinschaften bekannt, meinte Mayrhofer. "Das heißt aber nicht, dass es nichts gibt."

Was es gebe, sei psychische Gewalt, Erniedrigung, Ausbeutung oder Abwertung, erklärte Mayrhofer. Auch sie selbst habe "den geringschätzigen Umgang mit Ordensfrauen" erlebt. Mittlerweile tue sich etwas, "wir treten selbstbewusster auf, fordern etwa einen gerechten Lohn ein". Angesetzt gehöre auch in der Priesterausbildung: "Viele erleben Ordensfrauen nur als Köchinnen oder etwa in der Kindergartenarbeit, nicht aber in Leitungspositionen.