Die Österreichische Post hat offenbar Datensätze über das Surfverhalten von Online-Nutzern mit ihrer Adressdatenbank abgeglichen - und dann Unternehmen angeboten, Kunden, die online Interesse an ihren Produkten hatten, brieflich spezielle Werbung zu schicken.

Wie Recherchen der Investigativplattform Addendum zeigen, hat ein Technologiepartner der Post, die in Zypern gemeldeten Twyn Group, Cookies auf Partnerwebsites wie Zalando gesetzt. Diese verfolgten dann das Surfverhalten der Nutzer.

Später konnte die Post dann anderen Unternehmen anbieten, genau den namentlich identifizierten Usern, die deren Website besucht hatten, Werbung zu schicken.

Addendum schreibt: In der Praxis würde das so aussehen: Ein User befindet sich im Online-Shop von Zalando, besucht später die Website von Porsche. Durch den Cookie von Twyn ist diese Information gesammelt, durch die hinterlegte Adresse beim Online-Shop der Wohnsitz des Users bekannt. Daraufhin schickt Porsche dem User per Post Werbematerial zu. Dass der User Interesse an einem Porsche haben könnte und wo dieser User wohnt, weiß er aus den Daten, die Twyn über den Zalando-Besuch gesammelt hat und die die Post mit ihren Datensätzen abgleicht.

"Stimmt nicht", sagt Zalando

Zalando weist die Vorwürfe zurück. Das Unternehmen stellt fest: "Für Zalando stehen Kunden und ihre Sicherheit immer an erster Stelle. Die Themen Datensicherheit und Datenschutz sind von großer Bedeutung für uns. Zalando verkauft keine persönlichen Daten, mit denen Endkunden identifiziert oder direkt kontaktiert werden könnten. Wenn unsere Werbekunden bei der Zalando Marketing Services GmbH ein Zalando Werbeformat buchen, erhalten diese ohne ausdrückliche Einwilligung des Kunden keine Daten, mit denen Sie kontaktiert oder identifiziert werden können. Unsere Werbekunden erhalten von uns lediglich anonyme, aggregierte Reports mit Informationen zur Effektivität und Reichweite der von uns erbrachten Werbedienstleistungen. Somit wurde und wird die Lieferanschrift von Zalando Kunden zu keinem Zeitpunkt - weder über Cookies von Twyn noch direkt - zum Zweck von Werbemaßnahmen an die Österreichische Post übermittelt." (Infos unter www.zalando.de/zalando-datenschutz/#chapter-08)

Auch Twyn weist die Vorwürfe als unrichtig zurück. In einer Stellungnahme gegenüber der Kleinen Zeitung sagt Twyn, dass es lediglich die technologische Grundlage für die Sammlung der Daten liefere. Der Wortlaut: "Twyn ist dabei zu keinem Zeitpunkt im Besitz von personenbezogenen Daten, sondern verwendet anonyme bzw. pseudonymisierte Daten, die in Österreich bzw. der EU gespeichert sind. Twyn arbeitet in diesem Kontext ausschließlich als Auftragsdatenverarbeiter nach Art. 28 DSGVO im Auftrag des Werbekunden. Twyn ist dazu seit mehreren Jahren für den Bereich Online-Marketing als erstes österreichisches Unternehmen nach EDAA und e-Privacy zertifiziert. Twyn ist auch nicht in Zypern gemeldet, sondern hat den Firmensitz in Wels und ein Büro in Wien und ist zu 100% eine Tochter der Droidmarketing GmbH in Österreich."

In der Aussendung betont das Unternehmen, den Firmensitz in Wels zu haben und nicht in Zypern gemeldet zu sein. Wie ein Blick ins Firmenbuch zeigt ist das nur formal richtig. Twyn ist in Wels registriert und eine 100-Prozent-Tochter der Droidmarketing GmbH mit Sitz in Wien. Diese wiederum gehört zu 37,5 Prozent der I4G Investment GmbH, einer Investment-Firma im Eigentum von Stephanie Kübeck, Michael Kübeck und Wenzel Dennig.  Die restlichen 62,5 Prozent, die Mehrheit, sind der DATA DIRECT MARKETING PHMS LIMITED zugeordnet, einem Unternehmen, das seinen offiziellen Sitz an der Adresse Arch. Makariou III, 75, 1070 Nicosia, Zypern hat. Wer hinter diesem Konstrukt steckt, ist unklar. Nur soviel verrät das Firmenbuch: Die zypriotische Firma ist 100-Prozent-Eigentümerin der Dialogschmiede GmbH aus Wien und an der dialogic Dialog Marketing Consulting GmbH beteiligt.

Kritik an Post

Erst vor kurzem war die Post nach einem anderen Addendum-Bericht unter Druck geraten: sie hatte auf Basis statistischer Auswertungen Haushalten "politische Affinität" zugeordnet, die sie dann an Parteien weiterverkauft hatte. Nach Kritik daran erklärte die Post, dieses Geschäftsmodell aufzugeben.