Vor 25. Jahren, am 16. Dezember 1993, wurde in Österreich die Volksgruppe der Roma anerkannt. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) und Bundesratspräsidentin Inge Posch-Gruska (SPÖ) luden anlässlich des Jubiläums am Sonntag unter dem Motto "Vielfalt und Verantwortung" zu einer Matinee ins Parlament. Sobotka sprach sich dabei gegen Vorurteile aus.

Wie sehr die Lebensrealität der Roma über Jahrzehnte von solchen Vorurteilen geprägt war, erzählte der Schriftsteller Stefan Horvath, dessen Sohn beim Bombenattentat von Oberwart ermordet wurde. Horvaths Leben war von der Schule bis zur Jobsuche durch Ausgrenzung geprägt. "Ganze zehn Minuten bin ich in der ersten Hauptschulklasse gesessen, als der Direktor gekommen ist und gesagt hat: 'Wir haben noch nie ein Zigeunerkind in unserer Schule gehabt und das wird so bleiben.'" Sein Volksschullehrer erkämpfte tags darauf, dass er die Hauptschule dennoch besuchen durfte. Danach ging es mit ähnlichen Erlebnissen bis zum ersten Job weiter.

10.000 autochthone Roma in Österreich

Rund 10.000 autochthone Roma leben nach Expertenschätzungen heute in Österreich. Konkrete Daten gibt es aber nicht. Dazu kommen noch einige Zehntausend Zuwanderer, Gastarbeiter und Flüchtlinge, die der Volksgruppe der Roma angehören. Eine größere Gemeinde gibt es im Burgenland, mittlerweile leben aber auch viele Roma in Wien, Graz und Linz. Die Geschichte der Roma in Österreich reicht über 300 Jahre zurück. Immer wieder gab es dabei Anfeindungen. Im Zweiten Weltkrieg wurden die Roma von den Nationalsozialisten verfolgt und vernichtet. Nur zehn Prozent haben die Massenmorde und Konzentrationslager der Nazis überlebt.

Leicht hatten es die Roma auch danach nicht. Alltagsrassismus und Ausgrenzung waren ständige Begleiter. "Bis in die 1980er-Jahre war es Praxis, die Kinder der Roma-Volksgruppe in Sonderschulen abzuschieben", erklärte Bundesratspräsidentin Posch-Gruska.

Tragischer Anschlag

Auf tragische Weise ins Licht der Öffentlichkeit rückten die Roma 1995. In der Nacht auf den 5. Februar wurden vier Burschen, die der Volksgruppe angehörten, bei einem politisch und rassistisch motivierten Anschlag in Oberwart getötet. Die Männer, darunter Horvaths Sohn, waren in eine Sprengfalle geraten, als sie eine als Verkehrszeichen getarnte Tafel mit der Aufschrift "Roma zurück nach Indien" entfernen wollten. Für den Anschlag wurde 1999 der Rechtsradikale Franz Fuchs verurteilt.

Vor dem Anschlag hatten die vier jungen Männer noch verdächtige Vorgänge bemerkt, die von den Älteren in der Siedlung aber nicht wirklich ernst genommen wurden. Horvath und sein Sohn hatten deshalb noch eine Meinungsverschiedenheit. "Dann hat er sich mit den Worten verabschiedet: Es muss erst was passieren, bis etwas geschieht", erzählte Horvath bei der Matinee am Sonntag. Wenige Minuten später war der Sohn tot.

Vorurteile bekämpfen

"Vorurteile sind nachhaltig nur durch eine emotionale Herangehensweise zu bekämpfen, und dabei spielt die Kultur eine wesentliche Rolle", betonte Nationalratspräsident Sobotka. Die Festveranstaltung gelte all jenen, die gelitten haben und ermordet wurden, jenen, die Konsequenzen gezogen haben, jenen, die sich engagiert und andere überzeugt haben, und jenen, die diese Arbeit fortsetzen. Die Förderung der Volksgruppen sei auch eine europäische "Hausaufgabe". Sobotka forderte die EU-Kommission zu entsprechenden Aktivitäten auf.

Die Lage der bis zu zwölf Millionen Roma in Europa gilt auch heute noch als schwierig. Nach Angaben der EU-Agentur für Menschenrechte gehören Roma zu den am meisten von Armut, Arbeitslosigkeit und Analphabetismus betroffenen Gruppen in Europa.