Eigentlich hätte diese Geschichte wie folgt aussehen sollen: ÖVP und FPÖ bringen heute im Parlament einen Antrag ein, den FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache bereits am Sonntag angekündigt hatte. Dieser sieht ein Kopftuchverbot für Mädchen in Volksschulen und damit bis zum 10. Lebensjahr vor. Die Opposition ist dagegen, die Regierung dürfte das Gesetz im Alleingang und damit ohne die angestrebte Zweidrittelmehrheit beschließen. Doch im Laufe des gestrigen Nachmittags hatte sich die Lage geändert. Die ÖVP war sich plötzlich gar nicht mehr sicher, ob sie den Antrag überhaupt einbringen will. Und die Neos? Die bringen laut Informationen der Kleinen Zeitung heute einen eigenen Initiativantrag ein – inklusive eines Kopftuchverbotes, das sogar noch weitreichender ist als jenes der Regierungsparteien.

Wie es nun weitergeht? Das werden ÖVP-Klubchef August Wöginger und FPÖ-Klubobmann Walter Rosenkranz um 10 Uhr bei einer einberufenen Pressekonferenz verkünden. Den Live-Stream dazu finden Sie hier:

Ein Rückblick. Nachdem Strache angekündigt hatte, es nicht beim Kopftuchverbot im Kindergarten, das gestern im Zuge der Bund-Länder-Vereinbarung zum Ausbau der Kinderbetreuung einstimmig beschlossen wurde, belassen zu wollen, zeigten sich SPÖ und Neos anfangs gesprächsbereit. Doch die beiden Oppositionsparteien forderten im Gegenzug für ihr Ja zum Antrag weitere Integrationsmaßnahmen. Davon wollte man in der FPÖ nichts wissen, man werde den Antrag mit der ÖVP einbringen und „mit oder ohne Opposition beschließen“, erklärte FPÖ-Klubobmann Walter Rosenkranz.

ÖVP zögert

Von genau diesem Plan ging man im Bildungsministerium, bei der FPÖ und in Teilen der ÖVP auch noch gestern Nachmittag aus. Doch aus dem Parlamentsklub waren plötzlich andere Töne zu vernehmen. Es sei nun gar nicht mehr sicher, dass man den Antrag wirklich einbringen werde, hieß es da, man wolle nicht hetzen und habe nie behauptet, das Papier ganz sicher an diesem Donnerstag einzubringen. Zur FPÖ und zu diversen Ministerien hatte sich das nicht herumgesprochen, dort erntete die Neuigkeit großes Staunen. Der Grund für die plötzlichen Zweifel war nicht zu erfahren, ob der Antrag nun tatsächlich eingebracht wird, war bis zu Redaktionsschluss unklar.

Während bei Türkis-Blau Verwirrung herrscht, haben die Neos für die heutige Nationalratssitzung eine Überraschung geplant, die der FPÖ gar nicht schmecken dürfte. Sie bringen heute einen Antrag für ein eigenes Integrationspaket ein – und das sieht ein Verbot religiöser Kopfbedeckungen vor, das sogar noch weiter geht als jenes der FPÖ. Statt nur in der Volksschule soll das Tragen eines Kopftuches bis zum Ende des Pflichtschulalters und damit bis zum vollendeten 14. Lebensjahr verboten werden. Der Grund: Die Neos seien für ein Verbot, aber eben nur in Verbindung mit anderen Maßnahmen, erklärt Parteichefin Beate Meinl-Reisinger. „Ein Kopftuchverbot allein ersetzt niemals eine ernsthafte Integrationspolitik.“ Deshalb schlage ihre Partei neben dem Verbot auch ein verpflichtendes zweites Kindergartenjahr und mehr Geld und kostenlose Ganztagsplätze für Brennpunktschulen vor. Ob das Paket bei den Regierungsparteien auf Zustimmung treffen wird, ist fraglich.