Nachdem immer mehr Fälle bekannt zu werden scheinen, in denen "schwarze Schafen" unter Unternehmern versuchen, die neuen Arbeitszeitregeln - Stichwort: 12-Stunden-Tag - unlauter auszunutzen, beginnen Vertreter der Regierungsparteien ÖVP und FPÖ über ihr Gesetz nachzudenken. Das geht aus einem Bericht der "Wiener Zeitung" (Wochenendausgabe) hervor.

"Schwarze Schafe abschrecken"

ÖVP-Klubobmann August Wöginger kündigt gegenüber der Zeitung ein verschärftes Vorgehen gegen jene Betriebe an, die gegen das neue Arbeitszeitgesetz verstoßen. Damit sollen "schwarze Schafe" abgeschreckt werden. "Man muss über Verschärfungen bei den Strafbestimmungen nachdenken, damit man jene trifft, die das Gesetz nicht einhalten", wird Wöginger im Zeitungsbericht zitiert. Details sind allerdings offen.

Im Sozialministerium von Beate Hartinger-Klein (FPÖ) gab man sich gegenüber der "Wiener Zeitung" zu konkreten Maßnahmen für Nachjustierungen noch vorsichtig. "Es gibt diverse Möglichkeiten, die in Überprüfung sind." Ein Missbrauch werde nicht toleriert. Der SPÖ-Sozialsprecher im Nationalrat, Baugewerkschaftschef Josef Muchitsch, sah sich in der früheren Kritik bestätigt, "dass das Recht auf Ablehnung nichts wert ist. Jede Reparatur dieses Husch-Pfusch-Gesetzes, die zu mehr Fairness beiträgt, ist zu begrüßen."

Die Arbeiterkammer (AK) hatte diese Woche den Fall einer 56-jährigen Hilfsköchin in Wien aufgedeckt, die unter Druck gesetzt und gekündigt worden sein soll. Daraufhin drohte Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache Unternehmern mit Sanktionen, wenn sie sich bei der Umsetzung der neuen Arbeitszeitregeln und der Anwendung des 12-Stunden-Tags nicht an das von der Regierung versprochene Recht auf Freiwilligkeit halten.

Die "Salzburger Nachrichten" (Wochenendausgabe) berichten indes von einem neuem Aufreger-Fall im Aufreger-Thema. Ein großes Hotel aus einer der Wintersportmetropolen im Salzburger Bergland hat einem Bewerber einen Dienstvertrag vorgelegt, in dem es wörtlich heißt: "Der Arbeitnehmer erklärt seine ausdrückliche und freiwillige Bereitschaft, bei Vorliegen erhöhten Arbeitsbedarfs eine Tagesarbeitszeit von bis zu zwölf Stunden und eine Wochenarbeitszeit bis zu 60 Stunden leisten zu wollen."

Das zeige, wie diese Freiwilligkeit in der Praxis gelebt werde, ärgert sich der Salzburger AK-Präsident Peter Eder über dieses neue Beispiel. Diese zeigt auch noch mehr Brisanz, so die "Salzburger Nachrichten", sieht der Vertrag doch neben einem Grundgehalt von monatlich 1.620 Euro brutto eine All-in-Pauschale von gerade einmal 32,62 Euro im Monat vor, mit der "Ansprüche, welcher Art auch immer", abgedeckt seien. Wörtlich werden angeführt: Zulagen, Zuschläge, Überstunden, Abgeltung Ersatz- und Nachtruhezeiten sowie "insbesondere auch allfällige kollektivvertragliche Entgelterhöhungen". "Ein Wahnsinn, wie hier mit Menschen umgegangen wird", sagt Eder. Für ihn und seine Experten ist klar: Das sei "ganz klar sitten- und rechtswidrig".

Nur ineffizient abgesichert

Erst am Freitag hatte die AK kritisiert, dass die Freiwilligkeit beim 12-Stunden-Tag nur ineffizient abgesichert sei. Sie forderte die ÖVP-FPÖ-Bundesregierung im Sinne der Garantie der Freiwilligkeit des 12-Stunden-Tages dazu auf, wenigstens durch Änderungen im Arbeits- und Sozialgerichts-Gesetz Ergänzungen beim Kündigungsschutz vorzunehmen.

Die Arbeitnehmervertreter fordern "als Minimum" eine "schriftlich begründete Kündigung, die im Nachhinein nicht verändert werden darf. Am besten für die ArbeitnehmerInnen wäre ein absoluter Kündigungsschutz", so AK-Wien Arbeitsrechtler Hans Trenner. Und: "Im bestehenden Anfechtungsrecht muss den ArbeitnehmerInnen im Falle einer positiven erstinstanzlichen Entscheidung, die Rückkehr auf den Arbeitsplatz ohne Wenn und Aber ermöglicht werden." Sich über ein Unterlaufen der Freiwilligkeit zu empören, sei zu wenig, so die AK.

SPÖ-Appell: Gesetz neu verhandeln

Die SPÖ sieht sich in ihrer Kritik an der Novelle des Arbeitszeitgesetzes bestätigt. "Nicht reparieren - zurück an den Start", forderte SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch am Samstag im Gespräch mit der APA.

"Das Arbeitszeitgesetz gehört auf Augenhöhe mit den Arbeitnehmervertretern neu verhandelt", fordert Muchitsch. "Die Arbeitswelt funktioniert anders, als manche im Parlament glauben", sagte er etwa in Richtung des ÖVP-Klubobmanns August Wöginger, der sagte, es werde über Nachschärfungen nachgedacht.

Bei den Überlegungen zu einer Nachschärfung handle es sich bisher auch lediglich um eine Ankündigung, kritisierte der Sozialdemokrat die Volkspartei und die Freiheitlichen. "Es liegt nichts am Tisch. Zu dem ist es zu wenig, zu sagen, wir wollen etwas korrigieren, was sich gar nicht korrigieren lässt", sagte Muchitsch.

"Wir bleiben bei unser Kritik"

Prinzipiell sei es freilich zu begrüßen, wenn etwas, das nicht funktioniere, repariert werde. "Aber wir bleiben bei unser Kritik, dass das ein flexibilisiertes Arbeitszeitgesetz nur im Einvernehmen zwischen Dienstnehmern und Dienstgebern funktionieren kann." Das dies derzeit nicht der Fall sei, zeigten aktuelle von der Arbeiterkammer (AK) aufgedeckte Fälle, so der Oppositionspolitiker. "Also", so Muchitsch, "muss es heißen, 'zurück an den Start', denn das Gesetz wird sonst eine Dauerbaustelle bleiben. Oft ist es billiger neu zu bauen, als dauernd zu reparieren", so der bildhafte Vergleich des obersten Baugewerkschafters.

Beispielsweise würden auch lange Kündigungsschutzfristen rund um eine Ablehnung der 11. und 12. Arbeitsstunde nichts helfen, glaubt Muchitsch. Werde der Kündigungsschutz auf 6 Monate festgelegt, sei man eben ab dem 7. Monat "vogelfrei", bei 12 Monaten ab dem 13. Als erstes betroffen seien bei einem Konjunkturabschwung Schichtarbeiter und Angelernte, die leicht ersetzbar seien.

Muchitsch sieht "drei Fouls"

In den aktuellen KV-Verhandlungen etwa bei den Metallern zeige sich, dass das Arbeitszeitgesetz über die Kollektivverträge nur schwer reparabel sei. "Jedes Zugeständnis der Arbeitgeber in Richtung Arbeitszeit wird beim Lohn herunterverhandelt", so Muchitsch.

Das Arbeitszeitgesetz wie es derzeit existiere beinhalte drei Fouls: Weder sei die 4-Tage-Woche gekommen, noch gebe es mehr Freizeit und zudem sei die Freiwilligkeit bei der 11. und 12. Stunde "nichts wert in der Praxis". Im Einvernehmen hingegen hätten 12-Stunden-Tage schon vor der Gesetzesnovelle funktioniert: Mit Zustimmung von Betriebsrat und Dienstnehmern, wenn dringende Aufträge abzuarbeiten waren, so Muchitsch. "Auf diesem Wege wurde das Arbeits- und Sozialgericht nie beschäftigt."