1. Was hat die Regierung mit den Sozialversicherungen vor?
ÖVP und FPÖ beschließen heute im Ministerrat eine Strukturreform, die aus 21 Versicherungen fünf machen soll: Neben der Unfallversicherung AUVA – sie hat sich bereits zu einer internen Verwaltungsreform verpflichtet – und der Pensionskasse PVA – die Anfang der Nullerjahre aus einer Reform entstanden ist – sollen 19 Gebiets- und Sonderkassen zu dreien zusammengelegt werden.

2. Welche Kassen werden in Zukunft wofür zuständig sein?
Der Großteil der Arbeitnehmer wird künftig in der Österreichischen Gesundheitskasse ÖGK krankenversichert – in ihr gehen vor allem die großen Gebietskrankenkassen (Steirische, Kärntner, Wiener usw.) auf. Pensionen und Unfallversicherung bleiben für sie bei AUVA und PVA. Sonderkassen gibt es einerseits für Beamte und Eisenbahner, die für alle drei Versicherungssparten von der neuen BVAEB versorgt werden, Selbstständige und Bauern kommen mit allen drei Zweigen in die neue SVS. Ebenfalls nicht angetastet werden die 15 „Krankenfürsorgeanstalten“, in denen bestimmte öffentliche Bedienstete – etwa die Beamten der Städte Graz und Villach – eigens (zu besonderen Konditionen) gesundheitsversichert sind.

3. Was ändert sich für die Versicherten?
Zunächst nicht viel. Die Verträge, die die Gebietskrankenkassen mit den lokalen Ärztekammern geschlossen haben – mit von Land zu Land unterschiedlichen Leistungen zu unterschiedlichen Preisen – werden 1:1 von der ÖGK übernommen. Bis Ende 2021 soll die ÖGK aber einen bundesweit einheitlichen Leistungskatalog für alle ihre Versicherten ausverhandeln.

4. Werden sich die Leistungen für Versicherte verschlechtern?
Die Regierung verspricht, dass alle Versicherten in der ÖGK Anspruch auf dieselben Leistungen haben werden. Bisher ist das, abhängig davon, bei welcher Kasse man versichert ist, unterschiedlich. Dass es für manche Versicherte bei Kassen, die ein im Schnitt besseres Leistungsniveau angeboten haben, aber unter dem neuen Gesamtvertrag in einigen Jahren nicht auch zu einer Verschlechterung kommt, kann die Regierung nicht garantieren: Die Verhandlung der Verträge obliegt nämlich der – von Arbeitnehmern und Arbeitgebern selbstverwalteten – ÖGK selbst.

5. Was ändert sich hinter den Kulissen?
Bisher hat jede Kasse ein eigenes Budget; Verluste und Überschüsse wurden durch einen Ausgleichsfonds gelindert. Künftig soll es ein bundesweites Budget geben, das auf Teilorganisationen der ÖGK in den Ländern aufgeteilt wird. In den Ländern können die Gremien mit den dortigen Ärztekammern Aufschläge auf die Kosten für die (bundesweit einheitlichen) Leistungen verhandeln. Außerdem bleiben die Rücklagen, die die bisherigen Kassen in den Ländern aufgebaut haben, dort – und ein gemeinsamer „Innovationsfonds“ soll weiterhin länderspezifische Projekte fördern.

6. Wie ändern sich die Machtverhältnisse in den Kassen?
In den von AK und WKO beschickten Gremien hatten bisher die Arbeitnehmer klar die Mehrheit. In Zukunft werden die zudem deutlich verkleinerten Gremien der ÖGK jeweils von gleich vielen Funktionären beschickt.

7. Spart die Reform wirklich eine Milliarde?
Eine genaue Rechnung, woher das Geld, das die Regierung unter dem Slogan „Aus einer Verwaltungsmilliarde wird eine Patientenmilliarde“ bis 2023 einsparen will, bleibt das Sozialministerium bisher schuldig. Auch der Rechnungshof kann diese Summe nicht nachvollziehen.

8. Wird die Reform vor dem VfGH halten?
Kritiker – darunter der Verfassungsdienst der Regierung – bezweifeln, dass die Reform die Selbstverwaltung garantiert. Die Regierung hat einzelne Punkte nachgebessert – fix wird die Reform aber wohl erst nach Prüfung durch den Verfassungsgerichtshof.