Wiens Vizebürgermeisterin und Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou hat über ihre politische Zukunft entschieden. Die Grüne gab in einer kurzfristig für Sonntagmittag angekündigten Pressekonferenz eine "persönliche Erklärung" ab, in der sie mitteilte, bei der nächsten Wien-Wahl 2020 nicht mehr zu kandidieren. Als Vize-Bürgermeisterin werde sie "längstens bis zum nächsten Rechnungsabschluss 2019" zur Verfügung stehen.

Zum Warum dieser Entscheidung erklärte Vassilakou, sie habe stets klar gemacht, das sie die Erneuerung und Öffnung der Wiener Grünen anstrebe und vorantreibe. Das löse sie nun ein - "und ich beginne mit mir selbst". Sie finde, es sei Zeit für einen Generationswechsel - "jetzt sind die Nächsten am Zug, und sie können sich meiner Unterstützung gewiss sein."

Wiens Vizebürgermeisterin Vassilakou kündigte ihren Rückzug an

Es gebe auch persönliche Beweggründe. "Ich bin mit Leib und Seele Politikerin", sagte die Vize-Bürgermeister. Nach 25 Jahren in der erste Reihe dürfe sie sich nun aber von dort verabschieden - um auch sich selbst Zeit und Raum für Erneuerung zu geben. Vassilakou bedankte sich bei allen Unterstützern, die sie zu einer Fortsetzung ihrer politischen Aufgaben bewegen wollten.

City-Maut

Sie wolle die nächsten Monate nutzen, um alle offenen Projekte zu einem Abschluss zu bringen. Die begonnenen Gespräche über eine City-Maut will Vassilakou fortsetzen - es gehe angesichts der Verkehrsprobleme um einen Wettbewerb der Ideen.

Vassilakou war in jüngster Zeit mehr und mehr auch intern in die Kritik geraten. Für den ersten Listenplatz gibt es bereits mehrere Bewerber.

Stadtentwicklung

Die 49-jährige Kommunalpolitikerin bekleidet seit November 2010 - dem Beginn von Rot-Grün in Wien - das Amt der Vizebürgermeisterin sowie der Stadträtin für Verkehr, Stadtentwicklung, Klimaschutz und Bürgerbeteiligung. Untätigkeit kann man Vassilakou in ihrem Bereich nicht unbedingt vorwerfen. Mit der von ihr vorangetriebenen Ausweitung des Parkpickerls, dem Bau umstrittener Radwege etwa am Getreidemarkt oder der Schaffung von Anrainerparkplätzen setzte sie merkbare Akzente mit dem Ziel, die Pkw-Belastung in der Hauptstadt einzudämmen. Vor allem bei ÖVP und FPÖ wurde sie zusehends als notorische Auto-Hasserin gebrandmarkt.

Flaniermeile

Eine Art Denkmal setzte sich die streitbare Grüne freilich mit der Neugestaltung der Mariahilfer Straße zu einer Fußgänger- und Begegnungszone: Autos wurden großteils verbannt, die Einkaufsstraße durchgehend gepflastert und so zur hochfrequentierten Flaniermeile samt Schanigärten umgemodelt. Spätestens hier zeigten sich zentrale Eigenschaften der Ressortleiterin: Mut, Dickhäutigkeit und eine gehörige Portion Sturheit. Denn Vassilakou zog das "Mahü"-Projekt trotz heftigstem Widerstand von Opposition, Wirtschaftstreibenden und Teilen der Bevölkerung inklusive harscher persönlicher Anfeindungen durch.

Vassilakou, bekannt als "Mahü-Mama" und widerstandsfähige grüne Frontfrau, wurde am 23. Februar 1969 in Athen als einziges Kind einer Goldschmiedin und eines Bauunternehmers geboren. Nach der Matura in der griechischen Metropole kam sie 1986 an die Wiener Universität, um Dolmetscherin für Deutsch, Englisch und Französisch zu werden. 1989 begann sie das Studium der Sprachwissenschaft, das sie 1994 abschloss. Vassilakous politische Laufbahn startete bereits an der Universität. 1995 erfolgte der Wechsel in den Grünen Klub im Wiener Rathaus. 1996 zog sie in den Landtag ein und wurde Integrationssprecherin der Grünen. Bereits bei der nächsten Wahl 2001 trat sie hinter Christoph Chorherr auf dem prominenten zweiten Listenplatz an und wurde nach dem Wahlerfolg nicht amtsführende Stadträtin.

Im Jänner 2004 wurde Vassilakou in den Bundesvorstand der Grünen gewählt, nachdem sie von 1997 bis 2001 bereits Mitglied im Landesvorstand der Wiener Grünen gewesen war. Bei der Wien-Wahl 2005 ging sie bereits als Spitzenkandidatin ins Rennen, zuvor war sie Chorherr als Klubvorsitzende gefolgt. Seit 2008 ist Vassilakou stellvertretende Bundessprecherin der Grünen, wobei sie vorübergehend auch ganz an der Spitze stehen durfte - als Eva Glawischnig 2009 eine Babypause einlegte. Ein politisches Angebot aus ihrer Heimat schlug sie hingegen aus: Sie hätte unter dem sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou stellvertretende Umweltministerin in Griechenland werden können.