Asylwerber, die bereits eine Lehre begonnen haben, sollen diese fertig machen dürfen. Sogar jene, die aufgrund eines negativen Asylbescheids von einer Abschiebung bedroht sind, sollen die Möglichkeit erhalten, ihre Ausbildung zu beenden. Das sehen die heute konkretisierten Pläne der Regierung vor. Der seit 2012 gültige Erlass, wonach Asylwerber bis 25 Jahre generell in Mangelberufen eine Lehre beginnen dürfen, wird aufgehoben.

"Jene Asylwerber, die jetzt schon eine Lehre machen, können diese fortsetzen, im Fall eines negativen Bescheids sind die rechtlichen Möglichkeiten zu prüfen, ob er die Lehre fertig machen kann, bevor er das Land verlässt", heißt es in einer Punktation der Regierung, die der APA vorliegt.

Gleichzeitig will Türkis-Blau Arbeitsmöglichkeiten für Asylberechtigte schaffen. Es würden sich nämlich 8.600 anerkannte Flüchtlinge unter 25 Jahren, darunter 1.300 Lehrstellensuchende, auf Jobsuche befinden, heißt es in dem Papier. Geplant sind "verstärkte und zielgerichtete Bewerbungen und Betreuung durch das AMS sowie Initiativen des Wirtschaftsressorts".

"Klare Trennung zwischen Asyl und Migration"

Zudem soll die Rot-Weiß-Rot-Karte "an den Bedürfnissen der heimischen Wirtschaft neu ausgerichtet" werden. Konkret soll diese Zuwanderungskarte für Lehren in Mangelberufen geöffnet werden. Man strebe eine "klare Trennung zwischen Asyl und Migration" an.

Und ob Unternehmer Lehrlinge künftig im Ausland suchen müssen oder wie sie sonst zu Lehrlingen mit Aufenthaltstitel kommen. Regierungssprecher Peter Launsky-Tieffenthal erklärte gegenüber der Kleinen Zeitung: „Die Regierung arbeitet an einer Lösung.“

1.023 Asylwerber in Österreich sind mit Stand Ende Juli in Österreich als Lehrlinge beschäftigt gewesen. Mehr als die Hälfte von ihnen, 525, lernen in den Berufen, in denen Tourismus und Gastronomie gerade händeringend nach Arbeitskräften suchen: Koch, Restaurant- bzw Gastronomiefachmann.

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Regional verteilen sich die Asylwerber-Lehrlinge sehr ungleichmäßig über die Länder: Mehr als ein Drittel von ihnen findet sich in Oberösterreich (359), in der Steiermark lernen 134 Asylwerber in Betrieben, in Kärnten 49 - gleich viele wie in Wien.

Das geht aus einer aktuellen Statistik hervor, die AMS-Chef Johannes Kopf vor kurzem veröffentlicht hat:

Die türkis-blaue Koalition hatte am Wochenende erklärt, die 2012 von Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) verfügte Öffnung von Mangellehrberufen für Asylwerber - sie dürfen normalerweise nicht arbeiten - zurückzunehmen. Gleichzeitig soll ein eigener Aufenthaltstitel für Lehrlinge geschaffen werden und die Rot-Weiß-Rot-Karte attraktiviert werden.

Hilfsorganisationen kritisieren Regierung

Vor allem Hilfsorganisationen haben die Regierungspläne, den Zugang zur Lehre für Asylwerber wieder abzuschaffen, kritisiert. Von einer "völligen Fehlentscheidung" sprach Caritas-Präsident Michael Landau am Montag in einer Aussendung. Rotkreuz-Präsident Gerald Schöpfer zeigte sich in einer ersten Reaktion "enttäuscht". Scharfe Worte kamen auch von SOS Mitmensch und der asylkoordination.

"Ich halte das für eine völlige Fehlentscheidung in menschlicher und in wirtschaftlicher Hinsicht", meinte der Caritas-Präsident zu dem am Wochenende bekannt gewordenen Vorhaben von ÖVP und FPÖ. Etwas lernen zu können und einer sinnstiftenden Tätigkeit nachzugehen sei selbst dann wichtig, wenn Jugendliche nicht bleiben können. Landau: "Ich appelliere an die österreichische Bundesregierung, jetzt keine überhasteten Entscheidungen zu treffen."

Der steirische Caritas-Direktor Herbert Beiglböck erklärt, wenn die Regierung jetzt ein Ende der Lehre für Asylwerber verkünde, gebe es dafür nur zwei mögliche Gründe: "Entweder, die VertreterInnen von Schwarz-Blau betreiben billigen Populismus auf dem Rücken jener Menschen, die bereit sind, sich in ihrer neuen (Wunsch-)Heimat konstruktiv einzubringen und etwas zurückzugeben. Oder – und das wäre wünschenswert – die Regierung legt ein neues Modell vor, das sowohl den Anforderungen der Wirtschaft, als auch jenen der integrationswilligen und leistungsorientierten Asylsuchenden entspricht."

Rotkreuz-Präsident Schöpfer bezeichnete es als "aus ökonomischer Sicht für unklug und falsch", den Erlass von 2012 zurückzunehmen, der die Lehrlingsausbildung für Asylwerber bis 25 Jahre in Mangelberufen erlaubt. Auch aus humanitärer Sicht sei dies entschieden abzulehnen. "Man sollte jungen Menschen eine Perspektive anbieten und ihnen eine Zukunftschance geben, anstatt sie zur Untätigkeit zu zwingen", so Schöpfer.

Auch die asylkoordination "verurteilte" den Plan der Regierung, den Lehrlingserlass außer Kraft zu setzen, "aufs Schärfste". Diese Maßnahme sei ein weiterer Schritt zur nachhaltigen Desintegration von jungen Flüchtlingen. "Sie werden so - auch nach Zuerkennung eines Schutzstatus - auf Niedriglohnsektoren festgenagelt, wo sie gezwungen werden, zu schlechten Bedingungen zu arbeiten und so unfreiwillig zu Lohndumping beitragen".

Auch SOS Mitmensch übte scharfe Kritik: "Eine solche Zugangsblockade würde Integration torpedieren und die Chancen junger Menschen vernichten." Wer den Zugang zur Lehre versperre, öffne "das Tor zu tiefer Leere". Es drohe "ein Rückfall in die integrationspolitische Steinzeit", meinte Alexander Pollak, Sprecher von SOS Mitmensch.