Russische Kommentatoren sehen den für Samstag geplanten Besuch von Russlands Präsident Wladimir Putin bei der Hochzeit von Außenministerin Karin Kneissl als unerwartetes Ereignis. Kneissl selbst wird dabei sowohl als mutige Kämpferin gegen eine Kampagne zur Dämonisierung Putins als auch als Gesinnungsgenossin der einstigen Gegner der Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg dargestellt.

"Der Besuch Putins bei der Hochzeit der österreichischen Ministerin kommt unerwartet [...], er wird als freundliche Geste in Richtung Österreich wahrgenommen werden - nicht nur in Bezug auf die Ministerin, sondern auch in Bezug auf Regierungschef Sebastian Kurz. In anderen EU-Staaten wird der Besuch Putins bei der Zeremonie jedoch negativ aufgenommen werden", schrieb der russische Experte Wladimir Below vom Europainstitut der russischen Akademie der Wissenschaften in der unabhängigen Wirtschaftszeitung "RBK".

"Wahrscheinlich kennen sich Putin und Kneissl erst seit dem offiziellen Österreich-Besuch unseres Präsidenten vor einigen Monaten. Damals wurde er auch eingeladen und der Präsident sagte zu. Kneissl selbst hat freilich nicht ernsthaft mit dem Besuch des russischen Staatsoberhaupts gerechnet. [...] Früher waren Reisen unserer Staatslenker zu Hochzeiten nach Europa nichts Ungewöhnliches, allerdings betraf dies Verwandte. Das letzte Mal war ein russischer Zar im Mai 1913 bei einer solchen Zeremonie. [...] Jetzt sehen wir Putin als Gast bei der Hochzeit der österreichischen Außenministerin, einer Frau, die sich nicht nur der atlantischen Politik, sondern auch jener Kampagne zur Dämonisierung Putins entgegenstellt, die globalistische Kreise unter den Europäern durchführen. Karin ist nicht nur eine kluge, sondern auch eine mutige Frau", kommentierte Vizechefredakteur Pjotr Akopow im Kreml-nahen Online-Medium "Wsgljad".

"Im Zugang des Kreml gibt es keine offensichtliche Ideologie, lediglich den Drang zu Chaos und Destabilisierung. Aber die Reise des 'Hochzeitsoberstleutnants' nach Österreich beweist, dass Putin sein Herz ausgerechnet europäischen Rechtsaußenpolitikern verschrieben hat, jenen, gegen deren Gesinnungsgenossen (im Großen Vaterländischen Krieg 1941-1945, Anm.) die 'Großväter' Krieg führten", kritisierte der Kiewer Publizist Witali Portnikow im oppositionellen russischen Online-Medium "grani.ru".