Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ/ÖVP) und die anderen Angeklagten im Buwog-Prozess mussten ihre Sommerpause unterbrechen und wieder vor Richterin Marion Hohenecker Platz nehmen. Grasser musste sich dabei erneut ihren Fragen stellen, die Richterin ging mit ihm detailreich frühere Aussagen und Bewegungsprotokolle durch.

Der Prozesstag zum Nachlesen

Im sonst eiskalten Gerichtssaal herrschen heute ebenfalls fast tropische Temperaturen, die Zuhörertribüne ist voll besetzt. Die Sitzung beginnt und Hohenecker geht mit Grasser seine zweite Einvernahme durch. Das Protokoll sei fehlerhaft, stellt der Angeklagte gleich zu Beginn fest. "Also ist es gut, dass wir das jetzt gemeinsam durchgehen", sagt die Richterin trocken. Thema der damaligen Befragung waren die Privatisierungen, die Grasser während seiner Zeit als Minister veranlasst hatte. Hier kommt Willibald Berner ins Spiel, der Grasser schwer belastet hat. Er hatte damals von einem "Tatplan" von Grasser, seinem Trauzeugen Walter Meischberger und dem Ex-Lobbyisten Peter Hochegger gesprochen, die heute ebenfalls angeklagt sind und diese Anschuldigung bestreiten. Berner habe "eine Falschaussage gemacht" sagt der Ex-Minister leicht verärgert. Berner war Kabinettschef im Verkehrsministerium und habe sich an Grasser rächen wollen.

"Ich bin ein Raubtier"

Auch Michael R. hatte gegen Grasser ausgesagt. Der Minister hatte ihn damals in die Bundesbeschaffungsagentur geholt, was eine "unglückliche Auswahl" gewesen sei. Warum? "Er hat falsch gegen mich ausgesagt" und das Gesagte "passt hinten und vorn nicht zusammen". Zudem habe R. ihm damals gesagt: "Ich bin ein Raubtier, ich habe nichts mehr zu verlieren." Das sage viel über einen Mann aus, sagt Grasser.

Der Angeklagte habe damals als Minister eine Milliarde als Erlösziel für die Buwog angestrebt, erklärt er heute erneut. Wer das gewusst hat, will die Richterin wissen. "Das habe ich auch in der Öffentlichkeit so kommuniziert."

Dass die Gebote in der zweiten Bieterrunde so knapp beieinander lagen - wir erinnern uns, das Gewinner-Angebot lag um nur eine Million vorne - sei normal, sein Berater habe ihm damals gesagt, dass das am Ende eines Bieterverfahrens oft so sei.

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Es geht erneut um das Kärntner Vorkaufsrecht. Der damalige Landeshauptmann Jörg Haider habe sich schnell entscheiden müssen und es habe ihn "überrascht", dass Haider damals nicht mehr Forderungen gestellt habe. Zurück beim Bieterverfahren betont Grasser einmal mehr: Aus dem Ministerium seien keine Informationen darüber geflossen.

Bewegungsprofil von "inferiorer Qualität"

Die Richterin hat allen Anwesenden 15 Minuten Pause - zum Schweiß abtupfen - gegönnt, es geht weiter. Und wieder geht es um das berühmte "Schwiegermuttergeld", jene 500.000 Euro, die Grasser für seiner Schwiegermutter veranlagen sollte.

Und dann übt Grasser harte Kritik an den Ermittlern. Das Bewegungsprofil, das über ihn erstellt wurde, sei "das Papier nicht wert, auf dem es geschrieben wurde". 13 Fehler finden sich darin, das Profil sei deshalb "nicht valide" und von "inferiorer Qualität". "Ich bin ja kein Ermittler", sagt Grasser, "aber wenn ich einen umfassenden Terminplan des Magister Grasser habe und ich trage das nicht ins Bewegungsprofil ein, dann ist das ein derart gravierender Fehler, wie er im Finanzministerium nie passieren würde".

Noch ein Fehler: Ein im Profil vermerkter Flug von Paris nach Wien im März 2005. Ein Vergleich mit seinem Terminkalender zeige, das sich das nur ausgegangen wäre, wenn er Sonntagfrüh hin und am gleichen Abend wieder zurückgeflogen wäre - undenkbar für einen privaten Ausflug. "Und eine Jeannie (Anm. aus der Serie "bezaubernde Jeannie") habe ich nicht daheim." Dies sei also der 14. Fehler. Richterin und Angeklagter gehen das Bewegungsprofil weiter durch.

Amtsmissbrauch

Die Staatsanwälte hätten ihm - wissentlich - mehrfach falsche Vorhalte gemacht, "meine Anwälte haben mir gesagt, dass das an Amtsmissbrauch grenzt". Mittagspause bis 14 Uhr.

Ein Telefonklingeln unterbricht die Sitzung, es gehört zur Richterbank. Der Klimatechniker fragt, ob die Temperatur jetzt besser ist. "Eine Minute hitzefrei" witzelt Hohenecker. Es ist tatsächlich deutlich angenehmer im Saal geworden.

Nach der Mittagspause geht es weiter - mit weiteren Flugdaten und dem von Grasser wenig geliebten Bewegungsprotokoll der Ermittler. Wir streifen dabei auch einen Flug zum "berühmten Paris-Wochenende", das Grasser mit seiner heutigen Frau, Fiona Swarovski, verbracht hat und von dem Fotos am Flughafen veröffentlicht wurden. Und wieder wirft der Angeklagte den Ermittlern vor, ihn gezielt zu belasten.

Eine Million von den Eltern

Die Richterin springt wieder zum Schwiegermuttergeld, was Grasser sichtlich aufregt. Und dabei kommt die Sprache auf Geld, das der Minister von seinen Eltern bekommen haben soll - im Umfang von einer Million Euro. Ein vorgezogenes Erbe, sozusagen, sagt Grasser.

Es geht weiter mit unzähligen Terminen, Flugdaten und Zahlungen. Unter anderem um Grassers Hochzeitsreise. Die habe er nicht, wie im Protokoll vermerkt, in Rom gemacht und er könne sich auch nicht mehr erinnern, wie lange die Reise gedacht hat. Wohin die Hochzeitsreise wirklich ging, will der Ex-Minister nicht verraten.

Die Staatsanwälte reagieren mit Grassers Kritik an den Ermittlern übrigens beide gleich - mit einem milden Lächeln. Es geht weiter, wild dureinander mit dem Schwiegermutter-Geld, Flugtermine, Gespräche, Geschäfte und Pläne. Dann stellt die Richterin eine spannende Frage: "Fühlen Sie sich von Meischberger hintergangen?" "Nicht nur von ihm", antwortet Grasser.

Grasser bedankt sich, dass die Richterin das Bewegungsprofil so genau mit ihm durchgegangen ist. Diese schließt daraufhin sie Sitzung für die "etwas längere Sommerpause", "weil die Schöffen auch ein Anrecht auf eine kurze Sommerpause haben". Am 18. September geht es weiter.

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