Im Justizministerium gehen die Verantwortlichen nach dem Beschluss des Obersten Gerichtshofes, ein Testament aufzuheben, das die Zeugen nicht auf dem selben Blatt unterschrieben hatten, nicht von einer großen Zahl weiterer Fälle aus. "Wir sehen das bei weitem nicht so tragisch", erklärt Zivilrecht-Sektionschef Georg Kathrein auf APA-Anfrage. "Ich sehe nicht die Gefahr, dass massenweise Testamente ungültig sein könnten."

Die Befürchtung eines Rechtsanwalts, dass es bis zu Tausende ähnliche Fälle gebe, "wird so nicht richtig sein", betonte Kathrein. Auch rechtliche Unsicherheiten ortete der Sektionschef nach dem OGH-Beschluss nicht. Den Gesetzestext sieht er klar genug definiert.

"Spezieller Fall"

Bei dem vom OGH beanstandeten Testament in Vorarlberg habe es sich um einen speziellen Fall gehandelt. "Testamente sind meistens kurz", erläuterte Kathrein. Wenn es über zwei Seiten - also ein Blatt - hinausgehe, dann werde es in der Regel gebunden oder geheftet. Bei Bedenken zu bestehenden Testamenten empfahl der Jurist, den Anwalt oder Notar zu kontaktieren, bei dem das Dokument angefertigt wurde, und dieses noch einmal zu überprüfen.

Bei dem OGH-Beschluss war es um ein Testament aus dem Jahr 2016 gegangen, das fremdhändig - auf einem Computer in einer Rechtsanwaltskanzlei - verfasst wurde. Die drei Zeugen hatten auf einem losen Blatt unterschrieben, ohne jeglichen Bezug zum Testamentsinhalt. Dieses wurde später mit einer Büroklammer mit der Testamentsurkunde zusammengefügt. Damit ist das gesamte Dokument formungültig, entschied der OGH. Zeugen müssten immer "auf der Urkunde selbst" unterschreiben.