Nach der Gratis-Zahnspange wird nun eine weitere Dental-Leistung für Kinder kostenlos angeboten: Ab 1. Juli können Zehn- bis 18-Jährige einmal pro Jahr eine Mundhygiene gratis durchführen lassen, jene mit fixer Zahnspange sogar zweimal, kündigte der Chef des Sozialversicherungsträger-Hauptverbands, Alexander Biach, am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Wien an.

"Die Menschen sollen gesund ins Leben starten - und auch bleiben", so Biach. Die Zähne wären dazu wesentlich, vernachlässigte Karies könne weitreichende Folgen haben. Das zerstörerische Wirken dieser Bakterien hofft man bei der Mundhygiene, für die auch kein Selbstbehalt fällig wird, ebenfalls erkennen und bekämpfen zu können, sagte Thomas Horejs, Präsident der Zahnärztekammer.

Zahlen darüber, wie viele Eltern bisher ihren Kinder auf eigene Kosten eine Mundhygiene angedeihen ließen, gibt es nicht, ebenso wenig, wie viele überhaupt mit ihren Sprösslingen den Weg zum Zahnarzt finden. Mit dem Gratisangebot hofft Biach, "Hunderttausende" für die neue Leistung zu gewinnen. 30 Millionen Euro sind jedenfalls pro Jahr dafür budgetiert.

Gut investiertes Geld

"Ich glaube, das ist gut investiertes Geld", meinte Biach. Damit sollte es gelingen, den im internationalen Vergleich schlechten Zahnstatus der Kinder zu verbessern. Hierzulande hat die Hälfte der Sechsjährigen Karies, in Skandinavien sind es nur zehn Prozent. Dies sei u.a. ein soziales Problem, betonte Horejs, weshalb er sich durch das kostenlose Angebot eine positive Wirkung erwartet.

Weitere zehn Millionen Euro kostet die Sozialversicherungen die Umsetzung einer EU-Verordnung ebenfalls ab Juli: Für Zahnfüllungen an Milchzähnen, bei Unter-15-Jährigen, Schwangeren sowie stillenden Müttern darf kein Dentalamalgam mehr verwendet werden, außer dies sei medizinisch unbedingt erforderlich.

Weitere Neuerungen

In der Psychotherapie soll per 2020 der Sachleistungsanteil, also die gänzlich von der Kasse bezahlte Therapie, auf 50 Prozent steigen, führte der Obmann der Salzburger Gebietskrankenkasse (SGKK), Andreas Huss, nach dem einstimmigen Beschluss in der Kassen-Trägerkonferenz aus. Und auch der Kostenzuschuss für die Inanspruchnahme von Nicht-Kassen-Therapeuten soll steigen, von 21,80 auf 28 Euro per 1. September 2018.

Mehr Sachleistungen und höhere Kostenzuschüsse gibt es ab September auch in der Ergotherapie, der Physiotherapie und der Logopädie. Bei Hörgeräten werden beidohrige Geräte über alle Kassen hinweg zum Standard. Ein weiterer Punkt betrifft orthopädische Schuheinlagen, wo man sich bis Jahresende um einheitliche Standards und einen neuen Vertrag mit den Schuhmachern bemüht.

"Großer Tag für die Versicherten"

Alle Harmonisierungsschritte zusammen kommen auf rund 85 Mio. Euro., allein das aktuelle Paket umfasst 40 Mio. Euro. Hauptverbands-Chef Alexander Biach zeigte sich entsprechend erfreut: "Es ist ein großer Tag für die Sozialversicherung und wahrscheinlich ein größerer für die Versicherten in unserem Land", meinte er: "Dass man für gleiches Geld nicht die gleiche Leistung bekommt, gehört in Zukunft der Vergangenheit an."

Allerdings wird es weiter ein höheres Leistungsniveau in manchen Bundeskassen geben (so zahlt die Bauernkasse etwa statt 28 weiter 50 Euro Psychotherapie-Zuschuss). Dieses wird nicht abgesenkt, sondern auf dem bestehenden Niveau fixiert, langfristig will man eine Annäherung. Insgesamt werden aber 90 Prozent aller Versicherten in allen Kategorien harmonisierte Leistungen bekommen, sagte Biach. Beibehalten werden die unterschiedlichen Honorare, die die Kassen den Ärzten und anderen Vertragspartnern zahlen.

Ingrid Reischl, Chefin der Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) und Vorsitzende der Trägerkonferenz, freute sich über den Beschluss. Dieser entspreche einem der größten Anliegen der Versicherten.

Huss von der SGKK konnte sich einen Seitenhieb auf die Bundesregierung nicht verkneifen: Diese müsse sich für die Kassenstrukturreform nun ein anderes Argument einfallen lassen, denn die - im System solidarische - Leistungsvereinheitlichung habe man schon selbst geschafft, und zwar weit über die Gebietskrankenkassen hinaus: "Wir brauchen dazu keine Regierung, weder eine Bundesregierung noch eine Landesregierung noch sonst irgendjemanden, der uns sagt, was für die Versicherten gut ist."

Erfreut über die künftig kassenfinanzierte Mundhygiene zeigte sich die ehemalige Gesundheitsministerin und nunmehrige SPÖ-Gesundheitssprecherin Pamela Rendi-Wagner: "Ich habe schon in meiner Zeit als Ministerin sehr dafür gekämpft, umso mehr freut mich, dass jetzt der Beschluss gelungen ist", betonte sie in einer Aussendung.