Die Lebensgeschichte des Karl-Heinz Grasser, auch wenn sie noch vergleichsweise kurz ist, weist schwindelerregende Wendungen und Windungen auf. Wie die Wilde Maus, die Hochschaubahn auf dem Rummelplatz, schwingen sich die Wege dieses Lebenswegs in schwindelerregende Höhen, ehe sie nun auf den Abgrund zurasen.

Die Karriere des 1969 in Klagenfurt geborenen Grasser ist ohne Jörg Haider nicht vorstellbar. 1992 traf der frisch sponsierte Magister der Angewandten Betriebswirtschaftslehre seinen freiheitlichen Gönner, der ihm einen Senkrechtstart ermöglichte. Mitarbeiter im Parlamentsklub der FPÖ, ein Jahr darauf schon Generalsekretär, noch ein Jahr später Stellvertreter von Landeshauptmann Zernatto (ÖVP) in Kärnten. Das Zwischenspiel bei Frank Stronachs Magna währte nur zwei Jahre.

Die Glanzzeit Grassers – zugleich Ursache seines anhaltenden Falls – begann mit dem Aufstieg ins Finanzministerium. Begleitet vom publizistischen Trommelfeuer der Boulevardpresse nicht nur Österreichs, die Charme, Privatleben und Erfolg des Aufsteigers ebenso zu vermarkten verstand wie seinen Niedergang, wäre Grasser 2006 beinahe Vizekanzler auf dem Ticket der ÖVP geworden. Seit damals schien ihm nichts mehr zu gelingen. Fehlinvestitionen mit dem Bankier Julius Meinl folgten, ein Wald von Fragezeichen wirft Schatten auf seine Jahre als Finanzminister. Die vielleicht wichtigste Frage versucht derzeit das Wiener Straflandesgericht zu klären – seine Rolle beim Verkauf der Buwog.

"Parteiliche Entscheidungen"

14 Jahre nach der Privatisierung der Bundeswohnungen und nach 40 Prozesstagen wird Grasser am kommenden Dienstag erstmals vor Richterin Marion Hohenecker das Wort ergreifen. Im Anfangsstatement dürfte er wohl erläutern, warum die Vorwürfe gegen ihn falsch sind: Untreue und Geschenkannahme durch Beamte.

Laut Anklage sollen die vier Hauptangeklagten Grasser, sein Trauzeuge Walter Meischberger, der Lobbyist Peter Hochegger und der Immobilienmakler Ernst Karl Plech den „Tatplan“ gefasst haben, sich an „parteilichen Entscheidungen“ des damaligen Finanzministers zu bereichern. Bei der Privatisierung der Buwog soll Grasser 2004 sein Insider-Wissen genutzt haben, entscheidende Informationen über seine Freunde Meischberger und Hochegger für das Bieterverfahren weiterzugeben. An der anschließend geflossenen Provision in Höhe von 9,6 Millionen Euro soll sich der Minister dann auch bereichert haben.

Undurchsichtige Geldflüsse

Und auch bei der Einmietung der Finanz in den Linzer Büroturm „Terminal Tower“ soll Grasser seine Finger im Spiel gehabt haben. Erst nach Zusicherung einer Zahlung in Höhe von 200.000 Euro soll der Minister seine Zustimmung für die kostspielige Übersiedelung gegeben haben. Beide Geldflüsse seien über Scheinrechnungen und die Abrechnung über Hocheggers zypriotische Firma Astropolis verschleiert worden, um die Spur zu Grasser zu verwischen. Dieser bestreitet die Vorwürfe, die aus seiner Sicht von Gegnern und Neidern lanciert worden seien, seit Jahren.

Die Privatisierung der Buwog sei „supersauber“ gewesen.
Zu Beginn des Prozesses wurde Grasser durch Hocheggers Teilgeständnis jedoch schwer belastet. Dieser bestätigte den Vorwurf der Anklage: Grasser, Meischberger und Plech hätten sich die Provision aufgeteilt, für ihn seien zwei Millionen drin gewesen. Grasser bekannte sich zu Beginn des Prozesses hingegen nicht schuldig. Ab Dienstag kann der Angeklagte versuchen, die Vorwürfe zu entkräften.