Der 40. Verhandlungstag des Mega-Prozesses in Sachen Buwog und Terminal Tower gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und andere Angeklagte startete mit einem Knalleffekt: Grasser-Trauzeuge Walter Meischberger, der die letzten zehn Sitzungstage geduldig die Fragen von Richterin Marion Hohenecker beantwortet hatte, verweigerte nun die Antworten auf Fragen der Staatsanwaltschaft.

Auch die Fragen des Privatbeteiligtenvertreters beantwortete Meischberger nicht. Am Ende des Sitzungstages lüftete die Richterin das Geheimnis, welcher Angeklagte sich als nächstes ihren Fragen stellen muss: es ist der Hauptangeklagte Grasser. Er wird am Dienstag befragt.

Das war der 40. Verhandlungstag

Hohenecker erklärte zu Beginn, mit ihren Fragen fertig zu sein, der Senat hatte auch keine, auch die Schöffen schüttelten den Kopf. Damit war die Staatsanwaltschaft dran. Doch Meischberger erklärte, dass er sich weigere, die Fragen der Staatsanwaltschaft und der Privatbeteiligten zu beantworten.

Staatsanwaltschaft wolle "zerstören"

Er begründet seine Entscheidung mit einem kurzen Statement. Er habe mehr als 230 Stunden vor den Ermittlern ausgesagt. Das sei ein Rekord. Zudem fühle er sich von der Staatsanwaltschaft unfair behandelt, diese habe ihm fälschlicherweise Verbrechen unterstellt - und dabei nie persönlich mit ihm gesprochen. Die Staatsanwaltschaft sowie die Privatbeteiligten haben lediglich ein Interesse daran, ihn und Grasser zu "zerstören".

"Guten Morgen, Herr Ingenieur", beginnt Staatsanwalt Alexander Marchart. "Guten Morgen, Herr Staatsanwalt", antwortet Meischberger übertrieben freundlich. "Ist es Ihnen bewusst, dass unsere Ermittler unsere Fragen an Sie gestellt haben?", fragt Staatsanwalt Marchart. Es würde Meischberger reizen zu antworten, sagt er. Aber er tut es nicht.

Das sind die beiden Staatsanwälte Marchart und Gerald Denk, deren Fragen ins Leere laufen:

Marchart (links) stellt aktuell die Fragen.
Marchart (links) stellt aktuell die Fragen. © APA/GEORG HOCHMUTH

Die Staatsanwaltschaft stellt ihre Fragen trotzdem - damit sie protokolliert werden. Meischberger antwortet immer und immer wieder mit dem selben, vorher aufgeschriebenen Standardsatz. "Diese Frage hätten Sie mir schon im Rahmen der Erhebungen während der letzten sieben Jahren stellen können, Sie haben aber nie mit mir gesprochen." Die Staatsanwaltschaft habe sich damit zu "einem willfährigen politischen Werkzeug" gemacht, "deshalb werde ich auch diese Frage nicht beantworten". So geht das jetzt hin und her. Zur Erinnerung: Meischberger muss nicht antworten.

Die Fragen der Staatsanwälte, die sich unbeeindruckt von Meischbergers Standardsatz zeigen, drehen sich um Grassers Tätigkeit als Finanzminister und um Meischbergers Beratungsleistungen für ihn und andere. Und die beiden legen einen E-Mail-Verkehr zwischen ihm und dem Drittangeklagten Peter Hochegger vor. Doch Meischberger sagt nichts und wiederholt stoisch sein Sätzchen.

Sei Meischbergers Darstellung zu seiner Beratung für Grasser nicht "lebensfremd", fragt Marchart. Auch diese Frage "zeigt von Ihrer Unkenntnis", er werde auch diese nicht beantworten. Ebenso wenig wie die Frage nach dem Vorkaufsrecht des Landes Kärnten.

Staatsanwälte "kennen sich noch immer nicht aus"

"Hat Ihnen Haider gesagt, dass ein Österreich-Konsortium von Vorteil wäre?", will Marchart wissen. Auch diese Frage zeige, dass der Staatsanwalt in der Verhandlung nicht aufgepasst hat. Er wundere sich, dass sich die Staatsanwälte nach all "den langen Ausführungen noch immer nicht auskennen". Einen ihm vorgelegten Artikel bezeichnete er als "völlig falsch", antwortet dann aber weiterhin nur mit seinem Sätzchen. Meischberger wird dabei nicht müde, immer wieder den ganzen Satz vorzulesen. "Haben Sie sich überlegt, was passiert, welche Auswirkungen es auf eine Selbstanzeige bei der Finanz hat, wenn man lügt?", fragt Marchart. In der Selbstanzeige habe er nicht gelogen, sagt Meischberger, bevor er sein Sätzchen wiederholt.

Nun ist Denk an der Reihe, den Meischberger ebenfalls übertrieben freundlich mit einem "Guten Morgen, Herr Staatsanwalt" begrüßt. Auch über Denks Fragen könne Meischberger "nur lachen", der ihn sogleich mit seinem Standardsatz beglückt.

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Kleiner Ausbruch: "Ist es Ihnen noch immer nicht zu blöd?"

Denk scheint Meischberger aber nervöser zu machen, er wird immer lauter. Zum Beispiel, als Denk (nach Ansicht Meischbergers falsch) aus dessen Tagebuch zitiert. "Sie sprechen von MEINEM Tagebuch, das ich für MICH geschrieben habe und nicht für Sie"." Nach der nächsten Frage dann ein kleiner Ausbruch: "Wenn es Ihnen immer noch nicht zu blöd ist, mich nach Beweisen zu fragen", sagt Meischberger und fängt sich damit einen Rüffel der Richterin ein. Sie weißt auf die Würde des Gerichtes hin, Meischberger entschuldigt sich.

Meischbergers Anwalt hat eine Frage von Denk (ob er nicht das gleiche macht, das er Hochegger vorwirft - nämlich andere zu denunzieren) als "nicht relevant" bezeichnet, der Senat hat sich deshalb zurückgezogen, um über die Relevanz zu entscheiden. Das könnte uns jetzt bei jeder Frage blühen.

Hat Meischberger Handy versteckt?

Der Senat ist zurück - die Frage wird nicht zugelassen. Es geht weiter. Und zwar mit einer amüsanten Anekdote. Der Staatsanwalt zitiert aus dem Protokoll einer Hausdurchsuchung in Meischbergers Villa. Daraus geht hervor, dass Meischberger sein Handy in seiner Küche unter Plastiksäcken versteckt habe. "Warum haben Sie das Handy versteckt", fragt Denk. Meischberger antwortet nicht.

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Die Staatsanwälte geben auf, der Privatbeteiligtenvertreter versucht es nun mit seinen Fragen. Aber weit kommt er nicht, Meischberger will "grundsätzlich keine dieser Fragen beantworten". Und wieder eine Frage, die Meischbergers Anwalt beeinsprucht, wieder zieht sich der Senat zurück. Kurz danach wird diese zugelassen. Dem Privatbeteiligten bringt das wenig, Meischberger antwortet nur mit "Nummer sechs", mit Hinweis auf seinen Standardsatz. Hier macht sich der Angeklagte nicht die Mühe, alles noch einmal vorzulesen. Und so geht es wieder hin und her - außer, dass sich hier die Richterin immer wieder einmischt, wenn Fragen gestellt werden, die bereits geklärt sind oder die aus ihrer Sicht nicht relevant sind.

"Das sind relativ schwache Fragen"

Immer wieder fragt die Richterin dazwischen, Meischberger antwortet brav. Aber eben nur auf ihre Fragen. "Das sind relativ schwache Fragen", kommentiert Meischberger die Fragen des CA-Immo-Vertreters. So geht das Frage-"Nummer sechs"-Spiel weiter.

Warum sein Honorar bei der Buwog so hoch war, wenn er nur der Bote war, will der Vertreter der CA-Immo wissen. Da schaltet sich Richterin Hohenecker ein: "Hatten Sie Informationen aus dem Bieterverfahren?", fragt sie. "Nein", antwortet Meischberger. "Hatten Sie Zugang zu geheimen Informationen dazu?" "Nein". Dann stellt der Privatbeteiligtenvertreter wieder seine Fragen - und Meischberger geht zurück zu seiner "Nummer sechs" und klagt immer wieder über "falsche Vorhalte".

Der CA-Immo-Vertreter ist fertig, die Richterin gibt bekannt, dass die Mittagspause entfällt. Denn um 14 Uhr endet der heutige Sitzungstag - und Hohenecker will offenbar die Fragen der Anwälte fertig abhandeln. 15 Minuten Pause.

"Wo bist denn?"

Kurz vor Beginn der Verhandlung ruft Grasser-Anwalt Manfred Ainedter laut "Wo bist denn?" in sein Handy, er ist offenbar auf der Suche nach Grasser, der noch nicht im Saal ist. Der kommt kurz darauf, es geht weiter - mit einer verärgerten Richterin. Sie rügt die Anwälte, die hinter dem Platz der Richterin vorbeigehen, auf dem ihre Unterlagen liegen.

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Das Vorhaben der Richterin, mit den Fragen der Anwälte durchzukommen, könnte realisierbar sein. Ainedter hat keine Fragen, viele andere auch nicht, manche nur eine. Der nächste, der Meischberger befragt, ist Jörg Zarbl, Meischbergers Verteidiger. Die erste Erkenntnis daraus: Meischberger sagt, dass er von der Staatsanwaltschaft nie zum berühmten Tatplan befragt worden sei, den die Anklage ihm, Grasser und Hochegger unterstellt. Und die letzte Frage: Hat Meischberger je damit gerechnet, dass sein Tagebuch einmal öffentlich wird? "Natürlich nicht", antwortet dieser.

Es geht zügig weiter, Zarbl ist fertig, jetzt ist der Anwalt des Teilgeständigen Peter Hochegger, Leonhard Kregcjk, am Zug. Und der beginnt mit einer spannenden Frage: "Ist das Gericht Ihrer Ansicht nach in eine geheime Prozessabsprache mit Dr. Hochegger verwickelt?" "Selbstverständlich nicht", antwortet dieser, sichtlich irritiert. Wo genau Hochegger - wie Meischberger behauptet - gelogen hat, will der Verteidiger wissen. Das werde er ausarbeiten und ihm vorlegen, "wir haben ja bei dieser langen Verfahrensdauer noch genug Zeit".

Und schon sind wir durch und es folgt eine entscheidender Hinweis: Grasser wird kommende Woche aussagen. Sein bevorstehendes Statement dauert zu lang, deshalb endet der heutige Sitzungstag schon. Grasser wird damit am Dienstag, den 19., vor die Richterin treten.

Das geschah am 39. Prozesstag

Am gestrigen Prozesstag teilte Meischberger mit Hieben auf Ex-BZÖ-Politiker Stefan Petzner und dem zu U-Ausschuss-Zeiten Grünen Abgeordneten Peter Pilz aus. Einen ausführlichen Bericht dazu lesen Sie hier.