Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) will EU-Grenzschützer auch nach Afrika schicken, um dort Migranten abzufangen. Ein neues politisches Mandat solle der EU-Grenzschutzagentur "erlauben, in Drittstaaten unter Einverständnis der dortigen Regierung tätig zu werden", sagte Kurz der "Welt am Sonntag". Zugleich forderte er eine raschere Aufstockung von Frontex.

Das Zieldatum 2027 für 10.000 Frontex-Beamte sei "viel zu spät: Es muss deutlich schneller gehen, wenn wir künftig illegale Migration wirksam verhindern wollen. Zudem braucht Frontex ein klares politisches Mandat, das es den Mitarbeitern erlaubt, effektiv gegen illegale Migranten vorzugehen", sagte der ÖVP-Chef im Gespräch mit der deutschen Zeitung. "Sie sollen illegale Migranten an den Außengrenzen stoppen, versorgen und dann im Idealfall unverzüglich in das Herkunfts- oder Transitland zurückschicken."

Vorwurf der Schlepperaktivität

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hatte der europäischen Grenzschutzagentur Frontex am vergangenen Mittwoch bei seinem ersten Besuch als Vizekanzler bei der EU in Brüssel vorgeworfen, "Schlepperaktivität in modernem Sinn" durchzuführen. Das hatte ihm von bei EU-Abgeordneten des Koalitionspartners ÖVP Kritik und Unverständnis eingebracht.

Der 31-jährige Kanzler sprach sich indes neuerlich dafür aus, die Diskussion über die Verteilung von Flüchtlingen innerhalb Europas "endlich" zu beenden, da eine Einigung darauf nicht realistisch sei. "Ich sehe nicht, dass Österreich Flüchtlingsquoten zustimmen kann, insbesondere wenn diese den Zustrom der Vorjahre nicht berücksichtigen."

Doch mehr Geld für die EU?

Kurz ließ auch erkennen, dass er sich entgegen seinen bisherigen Forderungen mit einem größeren EU-Budget anfreunden kann. Nachdem er monatelang gefordert hatte, dass die EU wegen des Brexit schlanker werden müsse und die österreichischen EU-Beiträge nicht steigen dürfen, verwies er gegenüber der "Welt" auf das Wirtschaftswachstum, das das Unionsbudget steigen lasse.

"Tatsächlich würde die EU so nach dem Austritt der Briten bereits ein größeres Budget zur Verfügung haben als bisher", sagte Kurz. "Österreich tritt daher zusammen mit den anderen Nettozahlern Niederlande, Dänemark, Schweden und Finnland dafür ein, dass das EU-Budget nicht den derzeitigen 1-Prozent-Rahmen übersteigen soll." Der Brexit und die Debatte über den EU-Finanzrahmen seien "ein guter Anlass (...), um die Ausgaben der EU kritisch zu hinterfragen im Hinblick auf einen achtsamen Umgang mit Steuergeld", fügte er hinzu.

Der österreichische EU-Ratsvorsitz ab Juli werde sich dafür einsetzen, die "Spannungen innerhalb der EU abzubauen" und wolle Brückenbauer nach Osten und Südosten sein. "Unseren Schwerpunkt legen wir auf den Schutz der EU-Außengrenzen, die innere Sicherheit sowie den Kampf gegen Terrorismus und Radikalisierung."

Kritisch äußerte sich Kurz zur US-Außenpolitik, die für die Europäer "unberechenbar geworden" sei. "Europa muss daher gemeinsam Flagge zeigen und noch geeinter auftreten." Als "bedauerlichen Fehler" bezeichnete der ÖVP-Chef den US-Ausstieg aus dem Atomdeal mit dem Iran. "Wir Europäer werden in den nächsten Wochen alles daransetzen, den Iran-Deal zu retten, solange sich der Iran auch daran hält."