Selbst Armin Wolf konnte dem scheidenden Neos-Chef Matthias Strolz nicht viel entlocken. Er lege seine Ämter zurück, weil die Neos nun gut aufgestellt seien und weil er seine Aufgabe erfolgreich erfüllt habe, erklärte der 44-Jährige gestern in der ZiB2. Für Österreich sei das vielleicht ungewohnt, weil Politiker im Amt blieben, bis ihr Sessel hinausgetragen wird. Bei ihm sei das anders. "Es gibt kein viertes Kind und keine Geheimnisse", betonte Strolz. Auch als Spitzenkandidat für die Europawahlen würde er nicht zur Verfügung stehen. Er habe seine Aufgabe erfolgreich erfüllt, wer mehr dahinter sehe, dem mangle es an Fantasie. 

Strolz hatte am Montag unter Tränen seinen Rückzug verkündet: Seine Zukunft sei offen "und ich will es offen halten", sagte Strolz. Er habe "einige Buchprojekte im Kopf". "Ich bin nicht Passagier, ich bin der Pilot meines Lebens. Ich werde ein Feld weiterziehen. Wie das Feld heißt, weiß ich nicht."

"Pionierphase" beendet

Strolz zieht sich per Ende Juni aus der Politik zurück, weil die "Pionierphase" der neuen Partei nun zu Ende sei. Als Favoriten für seine Nachfolge werden die Wiener NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger, der stellvertretende Klubobmann Nikolaus Scherak sowie der Medienmanager und NEOS-Mitbegründer Veit Dengler genannt. Auch in der Nachfolge-Frage wollte sich Strolz öffentlich nicht festlegen; diese werde im Team in den nächsten Tagen entschieden. Der Salzburger Sepp Schellhorn sagte bereits ab: Diese Aufgabe sei ihm "vielleicht eine Nummer zu steil", ermüsse außerdem gerade das Salzburger Regierungsprogramm verhandeln. "Das ist mein letztes Wort", betonte er am Dienstag im Ö1-Morgenjournal.

Der Rückzug kommt auch deshalb überraschend, weil die Pinken heuer in drei von vier Landtagswahlen erfolgreich waren und in Salzburg sogar vor dem Einzug in die Landesregierung stehen.

Die emotionale Rede von Mathias Strolz

Kaum jemand habe den Neos die Erfolge bei Wahlen zugetraut. Mit der Salzburg-Wahl sei - nach rund 30 absolvierten Wahlgängen - die Pionierphase zu einem erfolgreichen Abschluss gekommen: "Alles, was wir ab jetzt machen, machen wir nicht mehr zum ersten Mal."

Nun seien weitere Schritte nötig, es sei Zeit für einen Wechsel: "Ich war nie ein Sesselkleber, das Leben ist ein Fluß." Die "Stimme meines Herzens" sage zu ihm: "Es ist jetzt der Zeitpunkt, die Führungsverantwortung geordnet zu übergeben." Die Entscheidung wolle er aktiv und aus voller Kraft setzen, nicht erst dann, wenn man ihm den Sessel vor die Tür stelle: "Ich bin nicht Passagier, sondern der Pilot meines eigenen Lebens."

Matthias Strolz zieht sich von NEOS-Parteispitze zurück

Konkret werde er mit Ende Juni den Parteivorsitz abgeben, im Herbst dann den Klubvorsitz. Dann werde er auch aus dem Nationalrat ausscheiden, also sein Mandat zurücklegen. Was er in Zukunft mache? "Das ist offen, ich bin ein Gärtner des Lebens, ich kultiviere soziale Felder, ich werde nun ein Feld weiterziehen."

Wie es bei den Neos weitergeht:

Heute, Dienstag, trifft sich der Neos-Vorstand. Am Mittwoch findet eine Sitzung des dann erweiterten Vorstands zur Nachfolgefrage statt. Ende Juni soll auf einer Mitgiederversammlung der Strolz-Nachfolger gewählt werden.

Strolz, Jahrgang 1973, stammt aus Bludenz und ist gelernter Unternehmensberater. Seine unternehmerische Tätigkeit stellte er im Oktober 2012 ein, als er die neue Partei NEOS gründete, zu deren Vorsitzendem er beim Gründungskonvent am 27. Oktober 2012 gewählt wurde. Seither führte er die Neos - zuletzt mit wachsendem Erfolg, begünstigt auch durch das Schwächeln der Grünen.

"Potenzial zur 20-Prozent-Kraft"

Als "Zentrumsbewegung" hätten die Neos in den ersten Jahren Nutzen für die Menschen stiften können, resümierte Strolz in seiner Abschieds-Erklärung. "Wir haben starke Impulse in das Getriebe der Politik geschickt." Er unterstrich den Willen der Neos, eine "Bewegung" zu sein und in Allianzen zu denken. Neos-Ziele seien etwa "eine umfassende Bildungswende von unten" und ein nachhaltiges Pensionssystem. Bis zum Jahr 2030 werde man eine Million Wähler hinter sich versammeln: "Wir haben das Potenzial zu einer 20-Prozent-Kraft. Aber nur Unkraut wächst schnell."

Abgang eines Entertainers

Mit Strolz verschwindet schlussendlich auch einer vom politischen Parkett, der immer wieder für skurrile und unterhaltsame Momente im Nationalrat und in Wahlkämpfen gesorgt hat. Egal, ob er dem UNO-Generalsekretär aus der Rocky Horror Picture Show zitierte oder Interviewer mit "Sie sind a bissl touchy heute" auf körperliche Distanz halten wollte. Auf Youtube gibt es jedenfalls etliche Videos, wie das folgende, auf denen der scheidende Neos-Chef gerne "Cojones" zeigte.