Drei Wochen nach den Berichten über antisemitische Lieder der Burschenschaft Germania steht nun der nächste Liederbuch-Skandal bevor: Im Buch der Bruna Sudetia, einer 1871 gegründeten Burschenschaft mit Sitz in Wien Josefstadt, finden sich stark antisemitische Liedtexte. Das berichtet die Wochenzeitung "Falter". Und wieder gibt es eine Verbindung zur FPÖ. Die Burschenschaft Bruna Sudetia weist alle Vorwürfe "mit aller Vehemenz" zurück. Das Buch sei
niemals in Besitz der Verbindung und daher auch nicht in Verwendung
gewesen, hieß es am Dienstag in einer schriftlichen Stellungnahme
gegenüber der APA. Die Verbindung prüft nun rechtliche Schritte
gegen die Wochenzeitung.

Die Burschenschaft ist eine der ältesten deutsch-nationalen Studentenverbindungen in Österreich. Neben zahlreichen grenzüberschreitenden Strophen findet sich auch jene in dem Buch, die bereits bei der Germania für Wirbel gesorgt hat: "Da trat in ihre Mitte der Jude Bengurion. 'Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen sie sieb'te Million'". Dabei handelt es sich um eine Aufforderung zur erneuten Öffnung der Gaskammern, in welchen sechs Millionen Juden den Tod fanden.

Die Verbindung Bruna Sudetia verfügt laut "Falter" über exzellente Kontakte in die Parteispitze der FPÖ, langjähriger Vorsitzender der Burschenschaft ist Herwig Götschober - ein enger Mitarbeiter von Norbert Hofer (FPÖ) in dessen Verkehrsministerium, wo er als Social-Media-Beauftragter tätig ist. Seit 2010 ist er FPÖ-Bezirksrat in Wien-Leopoldstadt, nebenbei ist er zudem "Schriftwart" des Vereins "Wiener Akademikerball-Ballausschuss". Der Verein organisiert den alljährlichen Akademikerball - im Auftrag der FPÖ.

Die Lied-Passagen über das Ertrinken und Stinken von Juden findet sich im Übrigen im Liedbuch unter der Rubrik "Heiteres". Laut "Falter" sei in dem dort vorliegenden Buch keine einzige der Passagen geschwärzt.

Götschober selbst fiel bereits in der Vergangenheit in der Szene auf. 2009 nahm er an einem Aufmarsch am Grab des Nazis und Lufwaffenmajors Walter Nowotny teil. Bei der Pegida in Dresden war Götschober ebenfalls zu Gast.

Für den "Falter" war Götschober nicht erreichbar. Er ließ jedoch über Hofers Sprecher ausrichten, dass er das Liederbuch nicht kenne. Er verwende dort ein anderes Liederbuch, jenes mit den antisemitischen Zitaten lehne er "kategorisch" ab.

Die abermals aufgetauchten antisemitischen Lieder "werden von der akademischen Burschenschaft Bruna Sudetia kategorisch abgelehnt", hieß es weiter in der Stellungnahme. Das Buch der akademischen Burschenschaft sei weder optisch noch inhaltlich jenem Exemplar ähnlich, das dem "Falter" vorliegt. Geprüft werden daher rechtliche Schritte "gegen die diffamierende Berichterstattung" sowie gegen Unbekannt wegen Verleumdung bzw. Weitergabe des Liederbuchs.

Laut der Burschenschaft wurde in den Räumlichkeiten der Verbindung kein Buch gefunden, "das jenem ähnelt, das der 'Falter' mit der akademischen Burschenschaft Bruna Sudetia in Verbindung bringen möchte". Gefunden worden seien lediglich Ausgaben der tatsächlichen Liedersammlung der Burschenschaft sowie des "Allgemeinen Deutschen Kommersbuchs

Rücktrittsaufforderung  von der Opposition

SPÖ und NEOS haben nach dem neuerlichen Auftauchen
eines Liederbuchs mit antisemitischen Texten bei einer schlagenden
Burschenschaft scharfe Kritik geübt. Die SPÖ forderte von
Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ), sich von seinem
Kabinettsmitarbeiter Herwig Götschober, der Vorsitzender der
Verbindung Bruna Sudetia ist, zu trennen. Die NEOS reagierten
"empört, aber nicht überrascht".

Sabine Schatz, SPÖ-Sprecherin für Gedenkkultur, forderte in einer
Aussendung von Hofer, rasch Konsequenzen zu ziehen. "Minister Hofer
muss sich von Herwig Götschober verabschieden. Wer wie Götschober
einer Burschenschaft als Obmann vorsteht, die antisemitische,
NS-verherrlichende Liedtexte herausgibt, ist als Parteifunktionär
und schon recht als Mitarbeiter in einem Ministerium der Republik
untragbar", sagte sie.

Schatz verwies darauf, dass der Pressereferent "schon in der
Vergangenheit einschlägig aufgefallen" ist. "So hat er 2009 an einem
Gedenkmarsch für den NS-Offizier Walter Nowotny teilgenommen",
erinnerte die Abgeordnete, die auch Bundeskanzler Sebastian Kurz
(ÖVP) gefordert sieht: "Wann ist die 'rote Linie' überschritten,
Herr Kurz?", forderte sie vom ÖVP-Chef, aber auch seiner Partei und
der FPÖ eine "umgehende Stellungnahme und politische Konsequenzen".

Für die NEOS-Sprecherin für Inneres, Stephanie Krisper, füllen
die "Einzelfälle der Freiheitlichen" langsam "ganze Bücherregale".
"Es ist absolut letztklassig und eine Schande, dass die FPÖ
Menschenverachtung, Antisemitismus und Rassenhass in die Ministerien
und leitenden Stellen unser Republik hievt", sagte Krisper. Von
Hofer fordert sie rasch "ernsthafte Konsequenzen". Und auch sie
verlangte von Kurz, "sein brüllendes Schweigen" zu diesen Vorgängen
zu beenden.