Vom Arbeitslosengeld über den Familienbonus bei der Lohnsteuer bis hin zu zentralen Einrichtungen für Asylwerber, die neu geschaffen werden - die Bundesregierung hat viele Bälle in der Luft. Einen hat sich die SPÖ als große Oppositionspartei jetzt gefangen: Über eine Neudefinition der Mangelberufe drohe eine Welle von 150.000 Arbeitsmigranten von außerhalb der EU, erklärt die SPÖ. Die Zahl ist höchst umstritten, die konkreten Pläne in diesem Punkt sind noch nicht bekannt. Faktum ist aber, dass immer mehr Facharbeiter fehlen, und es fehlt eine Lösung für dieses Problem, wurde im Ö1-Morgenjournal berichtet.

Liste

Die Mangelberufsliste dient der Zulassung von Fachkräften aus Drittstaaten über die sogenannte Rot-Weiß-Rot-Karte. Die SPÖ warf der Regierung, insbesondere der FPÖ, vor, mit geplanten Änderungen bei der Liste 150.000 zusätzliche Zuwanderer ins Land zu holen. Die Regierungsspitze kann das nicht nachvollziehen: Die Entscheidung über die Ausweitung der Liste sei noch unter SPÖ-Minister Alois Stöger gefasst worden, sagte Kanzler Sebastian Kurz. Die SPÖ bezieht sich freilich auch auf Überlegungen, künftig regionale Aspekte einzubeziehen. Etwaige weitere Schritte werde man in Ruhe in der Regierung vorbereiten und dann diskutieren, sagte der Kanzler. Man solle nicht irgendwelche Zahlen nennen, bevor etwas am Tisch liege, bat er.

Kern weist Kritik zurück

SPÖ-Chef Christian Kern hat den Vorwurf von Bundeskanzler Kurz, die SPÖ operiere bei ihrer Warnung vor einer möglichen Änderungen bei der Mangelberufsliste mit falschen Zahlen, zurückgewiesen. Die Regierung habe eine Verdreifachung der Mangelberufsliste vorgeschlagen, das würde logischerweise in einer Verdreifachung der Rot-weiß-rot-Kartenbesitzer resultieren, so Kern.

Kern sagte kürzlich im Ö1-"Mittagsjournal", es gebe "heute schon in Österreich 47.000 Rot-Weiß-Rot-Kartenbesitzer". "Was die Regierung vorgeschlagen hat, ist eine Vervielfachung der Mangelberufsliste." Laut Expertenmeinung sei davon auszugehen, dass dies auch zu einer Vervielfachung der Rot-Weiß-Rot-Kartenbesitzer führen wird, nämlich zu einer Verdreifachung, so der Ex-Kanzler.

Und selbst wenn es "nur 100.000 sind, sind es viel zu viele. Weil unser Thema ist: Wie schaffen wir es, die Arbeitslosigkeit in den Griff zu bekommen?", meinte der SP-Chef weiter. So gehe es beispielsweise beim Friseurberuf darum, diesen zu attraktivieren. Die Alternative sei, die Bedingungen unangetastet zu lassen - und sich "in der Ukraine, in Russland, in Moldawien, in Kroatien" Leute zu suchen, die bereits sind, zu diesen zu arbeiten.

"Man verschärft das Problem der Arbeitslosigkeit"

"Fakt ist, wir haben in Österreich fast 400.000 Arbeitslose. Wenn man da jetzt die Türen noch weiter öffnet, in Berufen, wo es meinem Dafürhalten nach in Österreich keinen Mangel gibt, bedeutet das, dass man das Problem der Arbeitslosigkeit verschärft."

Einen "ausländerfeindlichen Unterton" in der Argumentation der SP-Spitze bei diesem Thema sieht Kern nicht: "Mir geht es dabei nicht um expliziten Inländerschutz, sondern um den Arbeitnehmerschutz." Die SPÖ würde diese Linie seit Jahren vertreten. So habe man beispielsweise auch bei der EU-Osterweiterung Begrenzungen am Arbeitsmarkt eingefordert.

Kern: Haltung "nicht ausländerfeindlich"

Die Frage, ob die SPÖ weiterhin auf dem "ausländerfeindlichen Klavier" spielen werde, verneinte Kern klar: "Nein, es ist nicht ausländerfeindlich, ich widerspreche ihnen vehement. Deshalb werden wir auch nicht weiterspielen, weil wir nicht darauf gespielt haben." Sogar Karl Marx habe vor der "industriellen Reservearmee" gewarnt, und davor, dass das Kapital Interesse habe, möglichst viele Arbeitskräfte auf den Arbeitsmarkt zu holen, um dann Lohn- und Sozialdumping zu betreiben.

"Das will ich nicht. Ich will, dass in Österreich alle die Chance kriegen auf ein gutes Einkommen für faire Arbeit", so Kern. "Jeder, der das in Zusammenhang mit Ausländerfeindlichkeit stellt, der irrt und hat die wesentliche Diskussion übersehen".