Von einer Ministerliste kann noch keine Rede sein. Nun, da ÖVP und FPÖ in die Schlussrunde der Koalitionsverhandlungen einbiegen, zeichnen sich aber schon deutliche Konturen einer künftigen Regierung ab – personell und auch inhaltlich. Die Türkis-Blaue Koalition denkt nämlich über die Umschichtung wichtiger Arbeitsfelder zwischen den nach wie vor 14 Ministerien nach.

Die vielleicht wichtigste Veränderung ist der Transfer der Europaagenden aus dem Außenministerium ins Kanzleramt. Die neue Regierung korrigiert damit einen Konstruktionsfehler bisheriger Ressortaufteilungen. Europa ist schließlich nicht Ausland, was in Brüssel beschlossen wird, greift unmittelbar in die Innenpolitik ein. Bisher hatten lediglich Rivalitäten in den Koalitionen diese Bereinigung verhindert. Als Ressortchefin hat die FPÖ die parteifreie Nahost-Expertin Karin Kneissl ins Spiel gebracht, die ihre Karriere als Diplomatin im damals ÖVP-geführten Außenministerium begonnen hatte.

Die FPÖ scheint bei der Nominierung ihres Ministerpersonals schon weiter gekommen zu sein als die ÖVP. So weiß man bereits, dass der Kärntner Generalsekretär Herbert Kickl das wichtige Innenministerium bekommen soll und der Steirer Mario Kunasek für das Verteidigungsministerium in Frage kommt. Auch der freiheitliche Wehrsprecher Reinhard Bösch kommt für die Position in Frage. Für Parteichef Heinz Christian Strache soll ein Ministerium light gezimmert werden, das er trotz Dreifachbelastung als Parteichef, Vizekanzler und Minister leiten könnte. Gedacht ist an die Agenden Sport, Tourismus und Katastrophenschutz, die derzeit beide dem Verteidigungsminister zugeordnet sind.

Auch das gut dotierte Sozialressort soll – zusammengelegt mit dem Gesundheitsressort der FPÖ zufallen. Die Freiheitlichen planen, mit dem breiten Aufgabenbereich eine Frau zu betrauen: Beate Hartinger-Klein. Die Ökonomin hat einige Jahre für die FPÖ im steirischen Landtag und im Nationalrat verbracht und leitet ein Beratungsunternehmen im Bereich Gesundheit. Auch Dagmar Belakowitsch und die Oberösterreicherin Brigitte Povysil sind dafür im Gespräch.

Vor Tagen schon bekannte der dritte Nationalratspräsident, Norbert Hofer, sein Interesse für das Infrastrukturressort. Dem als Hofburg-Kandidaten kampferprobten Strache-Stellvertreter wird das Wunschressort wohl zugeteilt werden. Hubert Fuchs der die Finanzen für die FPÖ mitverhandelt hat, soll Staatssekretär im Finanzministerium werden, das der ÖVP zufallen soll.

Schwieriger scheint die Suche und Entscheidung der ÖVP zu fallen. Sebastian Kurz muss als Chef einer föderalistisch strukturierten Partei nicht nur Begehrlichkeiten der Länder berücksichtigen, sondern auch die Bündestruktur der Partei. Beides hatte er allerdings noch vor Amtsantritt zu relativieren versucht.

Was passiert mit Sobotka?

Als ziemlich sicher gilt, dass der Wiener ÖVP-Chef Gernot Blümel Kanzleramtsminister wird, wo er für Medien, Kultur und eben auch für Europa zuständig sein soll. Hoch gehandelt wird die Kurz-Stellvertreterin und Casinos-Managerin Bettina Glatz-Kremsner. Die ausgewiesene Finanzerin kommt sowohl für das zentrale Finanzressort wie auch als Wirtschaftsministerin in Frage, wo sie vermutlich auch die Agenden des Arbeitsministeriums zu verantworten hätte. Glatz-Kremsner dürfte jeodch zögern.

Unklar ist nach wie vor die Rolle von Elisabeth Köstinger. Die Kärntnerin hat sich nach ihrer Wahl zur 1. Nationalratspräsidentin hartnäckig offengehalten, im Zuge der Regierungsbildung ihr Amt wieder aufzugeben. Für sie wie auch für den derzeitigen Innenminister Wolfgang Sobotka ist nach wie vor ungeklärt, wie sich ihre Zukunft gestalten wird. Sobotka schloss am Mittwoch auch nicht aus, eventuell Klubobmann zu werden, wo er allerdings den Oberösterreicher August Wöginger verdrängen würde. Auch als Nationalratspräsident war er schon im Gespräch.

Als zweiter aus der alten Ministerriege könnte Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter die Umbildung überdauern. Ihm kommt zugute, dass er als Tiroler einer der wenigen Vertreter der westlichen Bundesländer ist, deren Namen derzeit kursieren. Dass die ÖVP das Justizministerium besetzen wird, hat Bundespräsident Alexander Van der Bellen durchgesetzt. Wer es werden soll, scheint offen wie das Los des Familienministeriums.

Ein Name, der schon vor der Wahl fix auf der Ministerliste stand, wir nur noch selten genannt: Josef Moser, der ehemalige Rechnungshofpräsident. Er wäre als Finanz oder Wirtschaftsminister geeignet.