Länger arbeiten? Wohin mit den Kindern in dieser Zeit? Diese Frage stellte Dienstag früh das Ö1-Morgenjournal Familienministerin Sophie Karmasin. "Die Arbeitszeitflexibilisierung bietet viele Chancen für Familien. Eltern könen sich mehr Blockzeiten für die Arbeit, aber auch für Familienzeiten reservieren. Frauen, die Teilzeit arbeiten, können damit zwei volle Tage arbeiten und den Rest für die Familie zur Verfügung stehen. An diesen beiden Tagen soll der Vater übernehmen." Mit diesem Idealfall beschreibt die Ministerin die Chance, die die neue Flexibilisierung bringen soll. Ihr Credo: "Nicht länger arbeiten, aber flexibler".
Die Realität sieht jedoch anders aus, worauf die Arbeiterkammer hinweist. Ingrid Moritz von der AK Wien kritisiert: "Nur zwei Prozent aller Einrichtungen haben zwölf Stunden oder mehr geöffnet. Besonders schwierig ist die Situation in den westlichen Bundesländern, wo viele Einrichtungen vor 15 Uhr schließen." Die Arbeitszeitflexibilisierung wäre für Eltern ein hoher logistischer Aufwand und drängt Frauen in Teilzeitjobs.
Ausbauoffensive des Bundes
Karmasin verweist hingegen auf die Ausbauoffensive des Bundes, die 2014 eingeleitet wurde: "Hier hat sich viel getan, rund 20.000 neue Kindergartenplätze wurden geschaffen. Jetzt müssen wir mehr auf Qualität und Öffnungszeiten achten."
Das soll parallel zu den Arbeitszeitenflexibilierung im Rahmen des Finanzausgleichs mit den Ländern bis September verhandelt werden. "Die Öffnungszeiten müssen den Erwartungen der Eltern und den Bedürfnissen der Wirtschaft angepasst werden", fordert die Ministerin. Laut Karmasin birgt die Arbeitszeitflexebilisierung viele Chancen, "dass wir partnerschaftlicher Familie denken, die Arbeit besser aufteilen können und damit mehr Zeit für Familien ermöglichen."
Auch ÖGB kritisiert
Wenn jemand zwölf Stunden arbeite, dann dürfe er nicht um seine Erholungsmöglichkeit umfallen. Familie, Bildung, sonstige Verpflichtungen dürften nicht leiden. Nur weil 12 Stunden Arbeit erlaubt werden, hätten Kindergärten nicht 12 Stunden offen. Insgesamt dürfe das Arbeitszeitgesetz nicht seine Schutzfunktion für die Arbeitnehmer verlieren, fordert ÖGB-Chef Erich Foglar.
Der Vorsitzende der Gewerkschaft GPA-djp, Wolfgang Katzian (SPÖ), hat zu den laufenden Verhandlungen der Sozialpartner über Mindestlohn und Arbeitszeitflexibilisierung ausgeschlossen, dass es eine Regelarbeitszeit von 12 Stunden geben werde. Das stehe offenbar im "Traumkatalog" einiger,"aber mit uns nicht!", so Katzian.
"Schöne Gesetze und Vereinbarungen sind machbar, sie müssen aber auch kontrolliert werden", so Katzian zur Nebendebatte um das Vorgehen der Arbeitsinspektorate. "Wir brauchen ein starkes Arbeitsinspektorat", kritisierte Katzian "Versuche, es zu einem zahnlosen Tiger zu machen, der nur berät", etwa in Richtung Vizekanzler Reinhold Mitterlehner, der zuletzt laufend überbordende Kontrollen und Strafen kritisierte.