Mit einem Buch über "Die Kunst der Freiheit" meldet sich Alexander Van der Bellen aus dem politischen Beinahe-Ruhestand zurück. Der emeritierte Grünen-Chef verrät darin Autobiografisches und räsoniert - als Substrat von 100 Stunden Kaffeehausgespräch - über Österreich und den Rest der Welt. Ob er tatsächlich bei der Bundespräsidentenwahl kandidieren wird, lässt er weiter offen.

"Leicht mache ich es mir nicht", so Van der Bellens Nachricht an die Leser. Im Grunde sei die Funktion des Bundespräsidenten unvereinbar mit seinem Anspruch auf Privatsphäre. Andererseits werde nur wenigen Personen die Ehre und das Vertrauen zuteil, als zumindest aussichtsreicher Kandidat zu gelten. "Schaffe ich es in die Stichwahl, dann ist der Ausgang des Wettbewerbs um die Hofburg offen." Er hoffe auf Verständnis, wie immer er sich entscheide.

Diese Botschaft hat der 71-Jährige Volkswirtschafter ganz ans Ende seines Buches gestellt. Auf den gut 160 Seiten davor erzählt Van der Bellen von seinen holländisch-russischen Vorfahren, der Kindheit in Tirol, philosophiert über Religiosität, Freiheit, Höflichkeit, Bildung und das "unter Anleitung denken lernen" an den Universitäten.

Immer bleibt er dabei politisch. "Wer glaubt, dass etwas stimmen muss, weil es in der 'Krone' steht, bleibt in den Vorurteilen anderer gefangen", meint er etwa und schlägt einen Bogen zur österreichischen Innenpolitik.

Ihr Fett bekommt dabei die Große Koalition - "Wenn man keine gemeinsame Agenda mehr hat und einander offenkundig nicht mehr ausstehen kann, sollte man das Projekt zum Wohle der Allgemeinheit beenden" - ebenso ab, wie die FPÖ: "Diese ist in ihrem Staatsverständnis im 19. Jahrhundert stecken geblieben, beschränkt sich auf die Bedienung primitivster Vorurteile und hat ihre Regierungsuntauglichkeit in Kärnten und im Bund hinlänglich bewiesen."

Immer wieder geht es um den Begriff der Freiheit, etwa was die Reaktion auf Terroranschläge, Einschränkungen von EU-Grundfreiheiten oder auch die leichtfertige Preisgabe von Privatem in Internet betrifft. Die eigene Vita als politischer Mensch kommt nicht zu kurz, von der ersten Wahlentscheidung (ÖVP) über zehn Jahre SPÖ-Mitgliedschaft und die Entfremdung nach Hainburg 1984 bis zum - von Peter Pilz unterstützten - Weg zu den Grünen. Und auch das Leiden am Politikerberuf, insbesondere durch den Zwang zum prägnanten Sager und den Verlust der Privatsphäre macht Van der Bellen zum Thema.

So zeigt sich der grüne Professor verwundert, dass er auch sieben Jahre nach seinem Abtritt als Parteichef noch immer auf der Straße und in der U-Bahn erkannt wird. "Mindestens zweimal in der Woche werde ich von Unbekannten aufgefordert, bei den österreichischen Bundespräsidentschaftswahlen 2016 zu kandidieren." All dem begegne er mit Ironie und Gelassenheit, was jedoch auch hinderlich sein könne: "Hat man eine Grunddistanziertheit zur Welt, fehlt einem mitunter der Impetus zu Tat."

(S E R V I C E: Alexander Van der Bellen "Die Kunst der Freiheit. In Zeiten zunehmender Unfreiheit", Mitarbeit: Bernhard Ecker, Christian Brandstätter Verlag, 176 Seiten, 22,50 Euro. Das Buch erscheint am 21. September. Die Präsentation findet am 24. September um 19:30 in der Buchhandlung Morawa, 1010 Wien, Wollzeile 11, statt.)