Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) hat die Regierung und Oberbefehlshaber Bundespräsident Heinz Fischer Ende letzten Jahres in einem Brief über die Fortschritte bei der Reform informiert. Eines gleich vorweg: Einer der finanziell größten Punkte der Reform, die Verbesserung der Infrastruktur, liegt dem Vernehmen nach seit dem Vorjahr auf Eis, weil kein Geld dafür da ist. Gemeint sind beispielsweise Sanierungs- und Neubaumaßnahmen bei den Unterkünften, wobei es hier nicht unbedingt um Luxus geht, sondern auch darum, desolate Zustände in Duschen und Klos zu beheben. Im Heer hofft man auf die kurz vor Weihnachten zugesagten Sondermillionen ab 2016, von denen ja etwa 30 Mio. pro Jahr für die Wehrdienst-Reform ausgegeben werden sollen.
Was laut Angaben des Ressorts auf Anfrage der APA mittlerweile in ganz Österreich läuft, ist die neu aufgestellte Ausbildung der Rekruten. Schon bei der Musterung kann man kundtun, welche der vier angebotenen Varianten man interessant findet: Da gibt es zunächst die klassische militärische Ausbildung unter dem Motto "Schutz und Hilfe" (Schutz kritischer Infrastruktur und Objektschutz, Grenzüberwachung, Katastrophenhilfe).
Eine andere Möglichkeit ist das "Militärische Berufspraktikum", wo die Burschen Qualifikationen, die sie schon haben, während des Grundwehrdienstes nutzen und weiterentwickeln können - also etwa als Kfz-Mechaniker nach der einmonatigen Grundausbildung in der Werkstatt arbeiten. Die Wahlmöglichkeit "Militärische Spezialisierung" umfasst die Vorbereitung auf eine Verwendung als Kadersoldat im Inland oder auf einen freiwilligen Auslandseinsatz. Einige Auserwählte können ihren Grundwehrdienst im Bereich "Cyber-Sicherheit" ableisten.
Die zwei grundlegenden Ausbildungsmodule, "Allgemeine Fähigkeiten" und "Militärische Grundausbildung", müssen alle Burschen absolvieren. Um die Basisausbildung attraktiver zu machen, vor allem für die Systemerhalter, muss man mindestens eines von vier Wahlpflichtmodulen aussuchen: Am beliebtesten ist hier laut Heeresressort das Schießtraining, zur Auswahl stehen noch Sport, vertiefende Erste Hilfe und Sprachausbildung Deutsch. Ursprünglich wollte man auch Englisch anbieten - gleich wie die Führungsseminare sei dies aber in der Testphase kaum angenommen und deshalb wieder abgeblasen worden.
Der neue Grundwehrdienst soll aber nicht nur interessanter, sondern auch ein bisschen angenehmer sein als bisher: Waren die Dienstzeiten früher anfangs jeden Tag 6.00 bis 22.00 Uhr, kann der Kompaniekommandant jetzt flexibler agieren und die Burschen am Freitag auch einmal früher nach Hause schicken, wenn sie unter der Woche fleißig waren. Die Ausbildner wurden laut Ministerium auch gesondert darauf hingewiesen, die Rekruten nicht zu überfordern und etwa beim Lauftraining Leistungsgruppen zu bilden.
Der Wohlfühlfaktor WLAN wurde übrigens abgespeckt: Der Testbetrieb beim Truppenübungsplatz Seetaler Alpe, einigen Objekten beim Truppenübungsplatz Allentsteig und einer Kaserne in Vorarlberg habe gezeigt, dass das Angebot auf den Übungsplätzen gut angenommen werde, in der Kaserne, wo es sowieso Netz gibt bzw. die Burschen abends heim fahren, jedoch nicht. Flächendeckendes WLAN sei deshalb kein vorrangiges Ziel mehr, erklärte ein Sprecher, an den bisherigen Standorten werde es aber beibehalten.
Auch weitere kleine Maßnahmen finden sich nach Angaben des Ressorts bereits im Regelbetrieb, unter anderem Grundwehrdienerbefragungen, "Talentecheck" bei der Stellung, Computerführerschein oder modernere Stellungsbekleidung. Außerdem werden 15 Prozent weniger Funktionssoldaten ("Systemerhalter") zugewiesen, um deren Anzahl wie im Konzept vorgesehen zu reduzieren. Neben den oben genannten Infrastrukturmaßnahmen sind auch noch kleinere Punkte der Reform offen: So wird etwa erst evaluiert, ob man den Frauenanteil erhöhen kann, indem man die körperlichen Leistungslimits weiter anpasst.
59,7 Prozent der Österreicher stimmten am 20. Jänner 2013 bei der Volksbefragung für die Beibehaltung der Wehrpflicht und des Zivildienstes, 40,3 Prozent sprachen sich für die Einführung eines Berufsheeres und eines freiwilligen sozialen Jahres aus. Ausgelöst hatte die Befragung ursprünglich der Wiener Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ), der wenige Tage vor der Wien-Wahl 2010 entgegen der eigentlichen Parteilinie eine Volksbefragung über die Abschaffung der Wehrpflicht forderte und damit eine monatelange Debatte lostrat.