Die Grünen sprechen vom "Steuertarif 90/10", weil sie die niedrigsten 90 Prozent der Einkommen entlasten wollen und die reichsten zehn Prozent der Haushalte dafür aufkommen sollen. Ihr Modell sei im Gegensatz zu jenen der Regierungsparteien "seriös gegenfinanziert", betonte Klubobfrau Eva Glawischnig. "Wir wollen relevanten Druck aufbauen für eine intelligente Steuerreform." Derzeit sei Österreich ein Hochsteuerland, was die Arbeit betrifft, und ein Paradies bei der Vermögensbesteuerung.
Anders als die Regierungsparteien wollen die Grünen den Eingangssteuersatz nicht auf 25, sondern auf 30 Prozent ab 12.000 Euro Jahreseinkommen senken. Die weiteren Stufen: 40 Prozent ab 22.000 Euro, 45 Prozent ab 30.000 Euro und 50 Prozent ab 60.000 Euro. Negativsteuer soll es keine geben, diese wird durch eine Einschleifung der Sozialversicherungsbeiträge für Niedrigverdiener zwischen 500 und 1.530 Euro ersetzt (samt Wegfall der Geringfügigkeit).
Die Entlastungseffekte rechnete Budgetsprecher Bruno Rossmann vor. Sehr niedrige Einkommen bis 700 Euro monatlich würden um 14 Prozent des Nettoeinkommens entlastet, das seien bis zu 80 Euro pro Monat. Das mittlere Einkommen von Frauen (1.390 Euro Monatsbrutto) würde um 4,3 Prozent netto (oder 50 Euro) bessergestellt, jenes von Männern (2.283 Euro) um rund 4,4 Prozent (70 Euro). Bei der Höchstbeitragsgrundlage läge die Entlastung nur noch bei 1,6 Prozent (45 Euro), für Nationalratsabgeordnete (8.583 Euro) bei 21 Euro.
Die Gegenfinanzierung: 1,5 Mrd. Euro (auf mittlere Sicht 2 Mrd.) sollen aus einer reformierten Erbschafts- und Schenkungssteuer kommen, der Freibetrag soll bei 500.000 Euro liegen. Aus einer Erbschaftssteuer auf Privatstiftungen nach deutschem Vorbild soll eine "Stiftungsmilliarde" lukriert werden. Weitere Mittel sollen aus der Reform der Grundsteuer (700 Mio. Euro), Streichung von - unökologischen - Steuerbegünstigungen (1 Mrd.), Kürzung von Förderungen (500 Mio.) sowie aus Steuerbetrugsbekämpfung und Schritten gegen aggressive Steuerplanung und Gewinnverschiebung (mittelfristig 1 Mrd. Euro) kommen.
"Die Vermögenskonzentration ist nur in den USA höher als in Österreich", betonte Glawischnig. Das Steuersystem müsse daher leistungsgerechter werden. "Es hat mit Leistung nichts zu tun, wenn man ein großes Erbe erbt."
Ein weiterer Eckpunkt ist die Ökologisierung im Verkehrs- und Energiebereich im Ausmaß von 2 Mrd. Euro, ab 2019 von 4 Mrd. Euro. Dies soll aufkommensneutral erfolgen. So soll der Steuersatz für Dieseltreibstoff an jenen für Benzin angeglichen werden, Lkw auch außerhalb der Autobahnen bemautet werden und eine CO2-Abgabe kommen. Im Gegenzug sollen Haushalte (bei den Sozialversicherungen bzw. einen Steuer-Ökobonus) und Unternehmen (bei den Lohnnebenkosten) entlastet werden.
Die Industriellenvereinigung sieht unterdessen die Grenzen der Umverteilung erreicht und lehnt einen weiteren Ausbau bei der Steuerreform ab. Generalsekretär Christoph Neumayer warnte am Donnerstag außerdem vor der Erbschaftssteuer. Deren von der SPÖ geplante Umlegung auf Stiftungen sei "gefährlich". Zuletzt seien schon mehrere Stiftungen in die Schweiz umgezogen.