Nach einigem Ringen wurden letzte Woche Visa-Erleichterungen für Russen gestrichen, ein völliger Einreisestopp scheiterte unter anderem am Einspruch Österreichs. Wie weit sind die EU-Länder in solchen Fragen mittlerweile auseinander?
ALEXANDER SCHALLENBERG: Entscheidend ist, dass wir am Schluss zu einer gemeinsamen Position finden. Dass es Diskussionen gibt, ist völlig legitim, warum sollte es bei so einem Thema anders sein? Aber ich hielte es für besser, solche Debatten dort zu führen, wo sie hingehören – hinter verschlossenen Türen. Wir werden beobachtet, es soll nicht der Eindruck der Uneinigkeit entstehen. In Hinblick auf den Herbst sind zwei Punkte entscheidend: Einmal Geschlossenheit – wir waren jetzt sechs Monate lang unglaublich geeint, haben rasch und entschlossen reagiert und Putin damit überrascht. Damit hat er nicht gerechnet und das müssen wir unter allen Umständen bewahren. Genauso wichtig ist es, Augenmaß zu wahren, nicht über das Ziel hinauszuschießen. Das wäre der komplette Einreisestopp für alle 144 Millionen Russen gewesen. Gerade Österreich mit seiner Geschichte muss unterscheiden können zwischen Putin und seinen Schergen sowie Russland und den Russen. Die Geografie ändert sich nicht, Russland bleibt Teil der Geschichte und der europäischen Kultur.