­Das Geld der europäischen Steuerzahler ist bei der EU in guten Händen. Ich glaube, den Satz kann man einfach so einmal wertungsfrei auf sich einwirken lassen, obwohl es ja nicht wenige gibt, die vom Gegenteil überzeugt sind. Aber solange die „Marie“ in Brüsseler Obhut ist (wir reden hier von einem aktuellen Jahresbudget von 155,4 Milliarden Euro an Zahlungen und 172,5 Milliarden an Verpflichtungen – das ist für die gesamte EU weniger als der österreichische Gesamthaushalt), wollen wir doch den diversen Kontrollgremien intern, durch das Parlament und den Rechnungshof unser Vertrauen und Respekt zollen.

Schwierig wird es, wenn das Geld den geschützten Hafen verlässt. Von da an sind die Mitgliedsländer für Recht- und Gesetzmäßigkeit zuständig. Das läuft mal besser, mal schlechter; mitunter verschwinden die Millionen im dichten Bodennebel, der durchaus auch bis in die Regierungsspitzen reichen kann. In diesen Fällen schlägt die Stunde von Olaf. Die Anti-Betrugs- und -Korruptionsbehörde gehört zum bunten Strauß an Zuständigkeiten von Budgetkommissar Johannes Hahn. Gestern erst berichtete er vor Journalisten über den aktuellen Stand der Rechtsstaatsverfahren gegen Polen und Ungarn, aber das ist schon wieder eine andere Baustelle.

Olaf hat neulich eine Paradeiserbande zu Fall gebracht, internationale Tomatengangster. Neun Personen kommen vor Gericht, das ist schon was. Gelaufen ist der Coup in Italien und Rumänien, aufgedeckt hat ihn eine eigens formierte Spezialeinheit. In Rumänien wurde eine Reihe landwirtschaftlicher Scheinfirmen gegründet; die Freunde der gepflegten Tomatenzucht taten nur so, als würden sie was wachsen lassen – in Wirklichkeit wuchsen nur, mithilfe fingierter Rechnungen und Belege, ihre Bankkonten. 850.000 Euro an EU-Geldern, das ist ein Viertel des Gesamtbetrags für Rumänien, gingen in der Folge als Förderungen ein und wurden umgehend auf italienische Konten weitergebucht, wo sie ebenso umgehend abgehoben und für weitere kriminelle Machenschaften verwendet wurden. Vermutet wird, dass dasselbe Prinzip schon früher einmal für Betrug verwendet wurde. Vielleicht mit Kohlrabi oder Paprika, die Ermittlungen laufen.

In Straßburg läuft auch viel im Augenblick. Die Plenarsitzung des EU-Parlaments ging letzte Woche nahtlos in ein weiteres Plenum zur Konferenz zur Zukunft Europas über. Dort lieferte auch einer einen Redebeitrag, den man eigentlich aus einem anderen Plenarsaal kennt: ÖVP-Abgeordneter Reinhold Lopatka. Man dürfe in der EU nicht auf die Rolle der nationalen und regionalen Parlamente vergessen, mahnte der Steirer ein. Derzeit sei eher das Gegenteil der Fall, wie er an zwei Beispielen ausführte: Verordnungen und Richtlinien. Im Jahr 2000 habe es 16 Verordnungen und 39 Richtlinien gegeben, 2021 seien es 68 Verordnungen und 8 Richtlinien gewesen – letztere sind die, die noch durch die nationalen Parlamente laufen müssen. Dasselbe gelte für die „Delegierten Rechtsakte“: 38 waren es 2012, 153 im letzten Jahr.

Kaum war Lopatka weg, kam Plakolm. Die Staatssekretärin, auch ÖVP, ist derzeit in Straßburg, wo der informelle Rat der Bildungs- und Jugendminister stattfindet. Interessanterweise kommt sie ebenfalls aufs Thema Gesetzgebung, sie möchte dort vorschlagen, dass für sämtliche Gesetzesvorhaben auf EU-Ebene ein „Jugendcheck“ durchgeführt wird. Das ist ambitioniert, viel Glück damit. Vorerst einmal geht es bei Ratstreffen aber auch um andere Themen, die ebenfalls zum gerade beginnenden „Jahr der Jugend“ passen. Zum Beispiel um die Frage, was Malta und Österreich gemeinsam haben – nein, es ist nicht bloß das T. Die beiden Länder sind die einzigen in der EU, in denen das Wählen schon ab 16 möglich ist. Claudia Plakolm will die anderen auch davon überzeugen, das ist ein hehres Anliegen.

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