Vor Beginn des Sondertreffens goss der Luxemburger Außen- und Migrationsminister Jean Asselborn ordentlich Öl ins Feuer. In einem Interview in der „Welt“ rief der Sozialdemokrat zu „Widerstand gegen Kurz und Jansa“ (den slowenischen Premierminister Janez Jansa, derzeit Ratsvorsitzender) auf. Sie würden „direkte menschliche Solidarität mit dem gefolterten Volk in Afghanistan“ ablehnen und seien damit auf einer Stufe mit „Orbán, Salvini und Le Pen“. Sowohl Außenminister Alexander Schallenberg wie auch Innenminister Karl Nehammer (beide ÖVP) reagierten empört und wiederholten die Feststellung, das Österreich schon jetzt umgerechnet auf die Bevölkerung sechsmal so viele Afghanen beherberge wie Luxemburg.

Das Scharmützel zeigte die Gräben auf, die in der Frage quer durch Europa laufen. Es sei eine sehr „leidenschaftlich“ geführte Diskussion gewesen, hieß es schließlich nach dem Ratstreffen – doch aller Unterschiede zum Trotz konnten sich die EU-Länder schließlich doch auf eine erkennbare gemeinsame Linie einigen, so Innenminister Karl Nehammer (ÖVP): „Die Botschaft heißt: Wir helfen in der Region, machen Sie sich nicht auf den Weg.“ Drei Punkte seien wesentlich: „Es gab eine große Bereitschaft aller Länder, substanzielle Hilfe zu leisten“, so Nehammer – so, dass tatsächlich Perspektiven erkennbar seien. Weiters müssten die Nachbarländer Afghanistans gezielt unterstützt werden – was besonders im Fall Iran eine heikle diplomatische Aufgabe wird – und schließlich seien die „Sicherheitsinteressen der europäischen Bürger als prioritär anzusehen“.

Man müsse wissen, so Nehammer, wer nach Europa kommt: „Es hat tausendfache Evakuierungen gegeben. Jetzt muss allein da schon geprüft werden, wer da tatsächlich mitgenommen wurde.“ Den Worten müssten nun Taten folgen.

In der Schlusserklärung findet sich noch ein Zusatz, der auf Wunsch Polens und der baltischen Staaten eingefügt wurde, wo man sich wegen der Migration über Weißrussland große Sorgen macht. Ein an sich vorgesehener Punkt, der sich mit dem verstärkten Augenmerk auf „Resettlement-Programme“ zur Ansiedlung von Migranten befasst habe, sei in der Erklärung abgeschwächt worden – laut Nehammer mit Unterstützung Deutschlands, dessen Innenminister Horst Seehofer sich zuletzt auch sehr kritisch gegenüber der österreichischen Linie geäußert habe. Diese Frage stelle sich erst wieder, wenn der Außengrenzschutz stark genug sei, so Nehammer.