­Schön wars in Griechenland und ein bisschen gespenstisch auch. Am Anfang, weil visibel wenig Touristen da waren. Gut für die wenigen, die gekommen sind, schlecht für den griechischen Tourismus. Vor allem die Briten haben gefehlt, in manchen Orten hatte so manches Lokal geschlossen. Keine Menschenmassen, sondern halb leere Sitzgärten. In Geschäften wird Maske getragen, im Freien, wo sich eh fast alles abspielt, sieht man sie kaum. Das Personal versuchts, bei über 30 Grad rutscht der Stoff unter die Nase. Kontrollen für die Gäste gibt es nicht. Null G. Mietauto desinfiziert? Nicht wirklich. Aber in jeder Taverne Platz ohne Reservierung, der gute, direkt am Wasser.

Am Heimreisetag dann das umgekehrte Bild: Jetzt sind sie doch gekommen, die Massen. Am Inselflughafen geht es zu wie im Bienenstock, dichtes Gedränge, Abstand von einem zum anderen mehr Baby-Gelse als Babyelefant. Allen rinnt der Schweiß in Bächen, es ist stickig und heiß, Tausende Menschen in der Halle, in der Ankommende und Abfliegende aufeinandertreffen. Chaos. Null Konzept. So kann es auch nicht gehen.

Und derweil in Brüssel? Im Juli noch volle Kraft voraus, aber jetzt kommen bloß noch Abwesenheitsnotizen – back in September, schönen Sommer auch. Der belgische Sommer ist verregnet und voller Unwetter, der politische Herbst wird heiß. 16 Rechtsparteien haben im Juli ein neues Bündnis geschlossen, „gegen den EU-Zentralismus“. Viktor Orban ist dabei mit seiner Fidesz (die die EVP verlassen hat), die polnische Regierungspartei PiS (Jaroslaw Kaczynski), Italiens Lega-Chef Matteo Salvini, die französische RN-Präsidentin Marine Le Pen, Vlaams Belang (Belgien) und natürlich die FPÖ.

Würden sich die beiden rechten Fraktionen im EU-Parlament „ID“ (Identität und Demokratie) und „EKR“ (Europäische Konservative und Reformer) zu einer gemeinsamen neuen zusammenschließen, würden sie nach EVP und S+D die drittstärkste Fraktion bilden – das hätte Auswirkungen auf Büros, Mitarbeiter und Redezeit. Ob sie eine gemeinsame Marschrichtung zuwege bringen, müsste sich halt zeigen. Mit großen Wundern ist nicht zu rechnen.

Hinter den Kulissen wird indessen allerorten an Strategien für die nahe Zukunft geschmiedet. In Ungarn gibt es kommendes Jahr Wahlen, in Polen ein Jahr später. In Deutschland schon in ein paar Wochen. Beim ungarischen Wahlkampf wird Europa eine zentrale Rolle spielen, in Polen könnte es ähnlich sein. Donald Tusk, zuletzt Ratspräsident und danach Präsident der EVP, übernahm in seinem Heimatland erneut die Führung der oppositionellen Bürgerplattform (PO), die er 2001 selbst mitgegründet hatte. Der EU-Krisenmanager und frühere Regierungschef will es noch einmal wissen und geht als starker Herausforderer der PiS ins Rennen.

Ob er es schafft oder nicht, wird Auswirkungen auf ganz Europa haben. Polen und Ungarn decken sich gegenseitig und gelten als besonders schwarze Schafe im EU-Staatengefüge. In Brüssel eröffnet der Abgang Tusks aber schon jetzt neue Perspektiven, vor allem für einen: Manfred Weber. Der Fraktionschef der EVP im EU-Parlament könnte ja in der zweiten Halbzeit Präsident des EU-Parlaments werden und den Sozialdemokraten David Sassoli ablösen, so war es eigentlich ausgemacht. Weber, der beim Rennen um das Amt des Kommissionspräsidenten vor allem von Emmanuel Macron ausgebremst wurde, gab sich bis zuletzt wortkarg darüber, ob er das Amt nun annimmt oder nicht.

Ich war mit einigen Kollegen zuletzt vor vier Wochen in einem Gespräch mit dem Bayern und da nahm er die Frage gleich von sich aus vorweg: er werde das den Sommer über überlegen und erst gegen Jahresende seine Entscheidung bekanntgeben, sagte er uns. Nun wird in Brüssel das Getratsche lauter, Weber könnte auf den Parlamentsposten verzichten und lieber Nachfolger von Tusk an der Spitze der EVP werden – ein extrem wichtiger Posten für Strippenzieher, mit einem entscheidenden Vorteil: er ist nicht mit einem zweieinhalbjährigen Ablaufdatum versehen wie der im Parlament.
­