Um zwei Uhr nachts war die wochenlange Blockade endlich aus dem Weg geräumt und die EU in der Lage, klare Signale nach Weißrussland (Belarus) zu senden. 40 Personen, denen eine Beteiligung an Wahlfälschungen oder der gewaltsamen Niederschlagung von friedlichen Protesten vorgeworfen wird, werden mit Sanktionen belegt. Der autoritäre Staatschef Lukaschenko ist nicht dabei, aber das ist das diplomatische Hintertürchen für weitere Verhandlungen.

Der Fall zeigt in aller Deutlichkeit die große Schwäche des europäischen Systems auf. Während für die verzweifelten und schwer unter Druck stehenden Menschen in Belarus jede Stunde ohne Zuspruch aus Europa zur Qual wird, scheitert die Aufgabe der EU an einem einzigen Mitgliedsland - in diesem Fall Zypern.

Zypern traute den eigenen Verbündeten in der EU offensichtlich nicht zu, in der Auseinandersetzung mit der Türkei entsprechend Beistand zu leisten und setzte den einzigen Trumpf ein, den es hatte: die Blockade. Da hilft es nicht viel, wenn aus Diplomatenkreisen berichtet wird, die Vertreter Zyperns hätten sich quasi entschuldigt dafür und um Verständnis gebeten.

Die EU braucht in der Außenpolitik dringend die Möglichkeit rascher und deutlicher Reaktionen. Und sie muss jetzt unter Beweis stellen, dass sie die Sorgen Zyperns genauso ernst nimmt wie die Sorgen jedes anderen Mitgliedslandes: Die nächtliche Schlussfolgerung des Gipfels (Sanktionsdrohungen gegen die Türkei bleiben aufrecht, im Fall einer Eskalation sollen "alle möglichen Instrumente und Optionen genutzt werden") darf nicht zur Worthülse verkommen, wenn es darauf ankommt.