Gari Cappelli, kroatischer Tourismusminister und damit als Ratsvorsitzender Gastgeber des EU-Ministerrats zum Thema Tourismus, ließ keinen Zweifel an der Wichtigkeit des Themas: „Zehn Prozent der europäischen Wirtschaftsleistung und zwölf Prozent aller Jobs hängen am Tourismus. Er gehört zu den von der Krise am stärksten betroffenen Kategorien.“ Bisher seien rund drei Viertel aller Urlaubsreisen von EU-Bürgern in andere EU-Länder erfolgt – ein 400-Milliarden-Euro-Markt, der völlig zusammengebrochen ist.

Das informelle Videotreffen hatte nicht den Anspruch, sofort Lösungen zu präsentieren; vielmehr erläuterte man Ansätze und Hindernisse – derer gibt es viele. Österreichs Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP): „Es wird grundsätzlich noch längere Zeit starke Einschränkungen in der Reisefreiheit geben müssen. Unser Ziel ist eine EU-weit koordinierte Vorgehensweise. Entscheidend ist der ständige Blick auf die Infektionszahlen und die Evaluierung von Gesundheitsdaten.“ Erleichterungen der Reisefreiheit seien vorstellbar zwischen benachbarten Mitgliedsstaaten, die im Kampf gegen die Pandemie ähnlich gute Entwicklungen hätten erzielen können: „Beispiele für Österreich wären Deutschland oder Tschechien.“ Das sieht auch der tschechische Außenminister Tomás Petricek so, der meinte, tschechische Touristen könnten ab spätestens Juli Österreich und die Slowakei besuchen, wenn sich die Pandemiezahlen günstig entwickelten. Petricek glaubt an eine Rückkehr zu Schengen – also zum Fall der Binnengrenzen – im Juli.

Überein kamen die Minister, dass die Harmonisierung der Kundenansprüche (etwa garantierte Gutscheine oder Rückzahlung) und Hilfe für die Reisebüros dringend geboten seien. Cappelli brachte die Idee von Tourismus-Korridoren ins Spiel, dass also Urlaubsreisen aus bestimmten Regionen in bestimmte Zonen möglich werden: „Das und eine Grenzöffnung aber nur, wenn Epidemiologen einbezogen sind.“

Urlaub im eigenen Land

Der Tourismusbeauftragte der deutschen Bundesregierung, Thomas Bareiß, macht trotz Corona Hoffnung auf Sommerurlaub im gemieteten Ferienhaus etwa an der deutschen Küste. Reisen ins Ausland dürften schwieriger werden, auch wenn die EU-Staaten hoffen, den Tourismus wieder in Schwung zu bringen. "Wir brauchen jetzt eine Strategie für einen gemeinsamen Neustart des Tourismussektors in der EU", betonte Bareiß am Montag nach der Videokonferenz mit seinen EU-Kollegen. Noch gebe es "keine klare Empfehlung, wo die Reise hingeht dieses Jahr".

Wegen der Pandemie und geschlossener Grenzen sind überall die Buchungen eingebrochen - und noch ist unklar, ob man im Sommer in die Feriengebiete Europas fahren kann. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hatte zuletzt geraten, mit der Urlaubsplanung noch zu warten.

"Ich glaube, dass ein Urlaub eher regional dieses Jahr möglich sein wird", sagte Bareiß. Zum einen könne die Einhaltung von Sicherheitsmaßnahmen hier besser garantiert werden. Außerdem könnten die Bürger auch der deutschen Tourismusbranche wieder auf die Beine helfen. "Es gibt genügend schöne Urlaubsziele in Deutschland", warb der Tourismusbeauftragte.

Eine Ferienwohnung an der Ostsee oder im Schwarzwald zu mieten, das dürfte nach seiner Einschätzung "im Sommer problemlos möglich sein". Ein Argument dafür: Im Ferienhaus gibt es keine Menschenansammlungen, eine Familie könnte unter sich bleiben. Schrittweise könnten dann auch Hotels geöffnet werden, wenn man Lösungen für Frühstücksbuffets und Restaurants finde.

Ein "Nebeneinanderliegen so Handtuch an Handtuch am Nordseestrand" werde es aber nicht geben können, betonte Bareiß. "Auch da muss man klar definieren, wie Abstände eingehalten werden können." Der Deutsche Tourismusverband schließt auch Kontrollen und Sanktionen nicht aus, um übervolle Strände zu verhindern.