Jetzt tritt der britische Premier Boris Johnson die Flucht nach vorne an: Um den verfahrenen Brexit-Karren doch noch flott zu machen, will er am 12. Dezember Neuwahlen durchführen. Sein Kalkül: Bekommt er dadurch eine Mehrheit im Parlament, kann er die Austrittsvereinbarung ratifizieren. Wenn das Unterhaus tatsächlich mehr Zeit für die Prüfung des Brexit-Deals haben wolle, wäre das die Möglichkeit, sagte er zu den Abgeordneten: „Aber dann müssen sie einer Neuwahl zustimmen.“

Entschieden soll darüber am Montag werden, wieder einmal ist aber unklar, ob der Plan aufgeht. Johnson braucht eine Zweidrittelmehrheit.

Aus der Labour-Partei kamen dazu unterschiedliche Meinungen. In einem Brief an Labour-Vorsitzenden Jeremy Corbyn schrieb der Premier: „Dieses Parlament hat sich geweigert, Entscheidungen zu treffen. Es kann sich aber nicht weigern, die Wähler ein neues Parlament bestimmen zu lassen, das Entscheidungen treffen kann.“ Antwort kam zunächst nur von Labour-Abgeordneter Valerie Vaz: „Wir unterstützen Neuwahlen, sofern ein No-Deal-Brexit ausgeschlossen ist.“ Adam Price, Abgeordneter der walisischen Regionalpartei Plaid Cymru, war skeptischer: „Eine Neuwahl wird das Problem nicht lösen. Wenn Johnsons Poker schiefgeht, hat er keine andere Möglichkeit, als zurückzutreten.

In Brüssel gibt es klare Signale dafür, dass die EU-27 heute einer Verschiebung des Austrittsdatums von 31. Oktober voraussichtlich auf 31. Jänner zustimmen werden. Die Vorgespräche dazu hatten bereits beim Gipfel letzte Woche stattgefunden, deshalb bedarf es keines Sondergipfels, es reicht das sogenannte Umlaufverfahren