Manfred Weber ist am Mittwochvormittag wie erwartet zum Fraktionschef der Europäischen Volkspartei (EVP) gewählt worden. Der CSU-Politiker, der für die EVP als Spitzenkandidat für die EU-Wahl und damit als Anwärter auf den Posten des Kommissionspräsidenten angetreten ist, erhielt bei der konstituierenden Fraktionssitzung in Brüssel 156 von 160 abgegebenen gültigen Stimmen.

Weber - schon bisher Fraktionsvorsitzender - ging für die Funktion als einziger Kandidat ins Rennen. Das Votum fand in geheimer Abstimmung statt. ÖVP-Delegationsleiter Othmar Karas betonte gegenüber der APA, dass die sieben Mandatare der Volkspartei geschlossen für Weber gestimmt hätten. Er sieht gute Chancen für Weber, Kommissionspräsident zu werden: "Webers Chancen sind in den vergangenen Tagen deutlich gestiegen. Der Zuspruch für Weber steigt täglich."

Fraktionsführer auf Zeit?

Sollte der Bayer tatsächlich im Herbst den Sprung auf den Chefsessel der EU-Kommission schaffen, muss sich die EVP nach einem neuen Leiter der größten Fraktion im EU-Parlament umschauen. Ob Weber im Abgeordnetenhaus eine Mehrheit hinter sich versammeln kann, um die Nachfolge von Jean-Claude Juncker anzutreten, ist allerdings fraglich.

Beim heutigen Fraktionsvotum waren auch die ungarischen EVP-Abgeordneten ausViktor Orbans Fidesz-Partei stimmberechtigt. Die Mitgliedschaft von Fidesz in der Europäischen Volkspartei wurde im Frühjahr wegen wiederholten EU-Bashings zwar suspendiert, sie ist aber nach wie vor Mitglied der Fraktion.

Personelle Folgen haben die Verwerfungen zwischen Konservativen und Fidesz allerdings sehr wohl: Denn die ungarische Regierungspartei muss künftig darauf verzichten, einen Vize-Fraktionschef in der EVP zu stellen. Der bisherige ungarische Parlamentsabgeordnete Jozsef Szajer wird diesen Posten nicht mehr erhalten, hieß es im Vorfeld aus EVP-Kreisen gegenüber der APA. Die Wahl der insgesamt zehn Stellvertreter Webers wird erst am Nachmittag über die Bühne gehen. Von den österreichischen Abgeordneten kandidiert niemand für einen Vize-Posten.