Die FPÖ kann laut der Einschätzung der beiden Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer (OGM) und Peter Hajek (Public Opinion Strategies) bei der EU-Wahl am 26. Mai mit deutlichen Zugewinnen rechnen. Zwar würden bisherige Umfragen die SPÖ meist auf Platz zwei vor der FPÖ ausweisen, so Bachmayer. Es wäre aber nicht verwunderlich, sollte die FPÖ die SPÖ doch überholen, sind sich die beiden Experten einig.

Die wohl klare Nummer eins am Wahlabend dürfte die ÖVP sein, daran ließen die beiden Demoskopen im Gespräch mit der APA keinen Zweifel. Die Frage sei die Mobilisierung - auch für die FPÖ. Und laut den ersten vorliegenden Daten dürfte es der Partei besser als in den vergangenen Jahren gelingen, ihre Wähler zur Urne zu bringen, so die vorsichtige Einschätzung Hajeks.

Kritische Haltung

Bachmayer - der explizit betonte, noch über keine Erhebungsdaten zu verfügen - verwies auch auf die Positionierung der FPÖ, die ein Alleinstellungsmerkmal unter den antretenden größeren Parteien aufweise: die Vizekanzler-Partei sei nämlich die einzige "mit kritischer, aber nicht total negativer Haltung gegenüber der EU". Die anderen fünf Parteien - ÖVP, SPÖ, NEOS, Grüne und die von der Liste Jetzt getragene "Initiative 1 Europa" - hätten hingegen eine "grundsätzlich positive bis äußerst positive Haltung gegenüber der EU".

Und nach wie vor gebe es eine - trotz einer etwas gestiegenen Zustimmung zur EU insgesamt - "noch immer sehr, sehr große Gruppe, ich denke knapp die Hälfte der Österreicher, die durchaus nicht aus der EU raus will, die aber durchaus einen kritischen Zugang zur EU hat", sagte Bachmayer. "Der Monopol-Anbieter ist da die FPÖ mit Harald Vilimsky."

Ähnlich schätzt Hajek die aktuelle Lage im Vorfeld der Wahl ein. Er verwies gegenüber der APA auch darauf, dass beim letzten Urnengang, bei dem die FPÖ bei 19,7 Prozent der Stimmen landete, noch einige weitere klar EU-kritische Fraktionen angetreten waren, was den Blauen Stimmen kostete. Damals kamen das BZÖ, REKOS, und EU-STOP gemeinsam auf 4,4 Prozent - allesamt Listen, die im rechten Spektrum beheimatet waren. Ebenfalls ins Lager der (allerdings linken) EU-Kritiker einzuordnen war damals die Liste "Anders", die immerhin 2,14 Prozent abschöpfen konnte.

Konstante Umfragewerte

Insgesamt werden hier also Wählerstimmen frei. "Damit habe ich schon ein unglaubliches Potenzial", so Hajek. Und dazu komme noch, dass die Freiheitlichen jetzt in der Regierung sind "und ihre Werte in der Regierung eigentlich sehr gut sind". Zwar würde die FPÖ in aktuellen Umfragen unter dem Niveau der Nationalratswahl liegen, aber in einem vernachlässigbaren Umfang. Und zuletzt zeigte sich die Partei in den Erhebungen konstant - was auch Debatten um Sicherheitsthemen wie die Sicherungshaft geschuldet sei.

Das (mit Migrations- und Asylfragen verknüpfte) Sicherheitsthema könne man "ganz toll auf der EU-Ebene ausspielen", sagte Hajek, denn im Grunde sei die Migration ein EU-Thema. "Das heißt, die Freiheitlichen haben alle Voraussetzungen dafür, deutlich zuzulegen."

Außerdem sei bei der letzten Wahl 2014 das Flüchtlingsthema kaum auf der Agenda gestanden, ergänzte Bachmayer. Mittlerweile sei die Flüchtlingswelle zwar abgeebbt, das Thema sei aber geblieben - und habe sich auch etwas verlagert, hin in Richtung einer Integrations- und Sicherheitsdebatte. Daher gehe er "jede Wette" ein, dass die Rechtsparteien in Europa auch insgesamt zulegen werden. Die von Parteichef Heinz-Christian Strache selbst auferlegte Latte von 20 Prozent sei für die FPÖ eigentlich keine Hürde, gab auch Hajek zu verstehen.

Die NEOS zielen laut Bachmayer auf ein kleines Wählersegment ab, das klar proeuropäisch ausgerichtet ist. Den Grünen geben die Meinungsforscher recht gute Chancen, wieder ins EU-Parlament einzuziehen. Klar sei aber, dass sie die 14,5 Prozent von 2014 keinesfalls halten werden können. Inwieweit der von der Liste Jetzt - Initiative 1 Europa unterstützte Johannes Voggenhuber Chancen hat, wollten die Demoskopen noch nicht einschätzen, sowohl Hajek wie auch Bachmayer erachten die Chancen aber aus derzeitiger Sicht als eher gering.