"Es ist alles sehr kompliziert" ist ein Zitat, auf das der einstige österreichische Bundeskanzler Fred Sinowatz das Copyright für sich hätte beanspruchen können. Dabei hatte der gebürtige Burgenländer, der zuvor als Minister auch einmal für den Sport zuständig gewesen war, noch keine Ahnung, wie sehr das 21. Jahrhundert das 20. diesbezüglich in den Schatten stellt.

Der Fußball ist so ein hochkomplexes Gebilde, und der Brexit, den Sinowatz' späterer britischer Amtskollege David Cameron Europa 2016 mit der Volksabstimmung über den EU-Austritt eingebrockt hat, könnte den Fußball auf der Insel in arge Nöte bringen. Oder auch nicht.

Britannien, vorzugsweise England, gilt als Schlaraffenland des internationalen Kicks. Ein beträchtlicher Teil derer, die in diesem Sport Rang und Namen haben, gehen in der Premier League ihrer Profession nach, denn nirgends lässt sich bei gleichzeitig höchstem fußballerischen Niveau so gut verdienen wie in der höchsten englischen Liga.

Fast zwei Drittel Legionäre

Das lockt die begabtesten Menschen dieser Branche, aber auch nicht ganz so talentierte Spieler, auf die Insel der Fußballseligen. Dies führte in den vergangenen Jahren zu einem Ungleichgewicht besonderer Ausprägung. In der Premier League kommen von derzeit 526 Profis nicht weniger als 343 aus dem Ausland. Somit beträgt der Legionärsanteil der teuersten Liga der Welt 65 Prozent, also beinahe zwei Drittel.

Aber sogar in der "Championship", der zweithöchsten Liga, sind 320 von insgesamt 651 Spielern fremder Herkunft. Viele Vereine fürchten sich daher klarerweise vor den Folgen des EU-Austritts. Mit der bis Ende des Jahres laufenden Übergangsperiode ist das Problem lediglich aufgeschoben. Bis dahin hat die Fußball-Gemeinschaft aber immerhin noch Zeit, sich eine adäquate Lösung zu überlegen.

Denn grundsätzlich sind die Bestimmungen für Fußball-Ausländer nämlich gar nicht so locker, wie es die Sachlage suggerieren könnte. Solange Großbritannien in der Union verweilte, wurde dieses Thema in der Öffentlichkeit kaum diskutiert, weil EU-Bürger ohnehin den Briten gleichgestellt waren. Künftig aber werden alle Nicht-Briten zu Nicht-EU-Ausländern. Der Franzose hat fortan gleich wenig Rechte wie der Spieler aus Mali oder aus Argentinien.

Zustimmung des Verbandes nötig

Die Arbeitserlaubnis für einen Spieler aus dem Nicht-EU-Ausland ist auch an die Zustimmung des englischen Fußballverbandes (FA) gekoppelt. Ab 2021 gilt dies somit für alle Nicht-Briten. Wer auf der Insel dem Job eines Fußballprofis nachgehen will, hat relativ strenge Qualitätskriterien zu erfüllen. So muss es sich bei dem betreffenden Anwärter jedenfalls als Minimalerfordernis um einen arrivierten Nationalspieler seines Landes handeln. Das ist bei Profis der Kategorie Weltklasse wie etwa der Liverpool-Stürmer Sadio Mane (Senegal) oder Mo Salah (Ägypten) gar kein Problem.

Aber wer nicht über einen gleichwertigen oder annähernd so hohen Promistatus verfügt, könnte Schwierigkeiten bekommen. Ein Beispiel wäre hier etwa Anthony Martial von Manchester United. Der Stürmer hat in der Vergangenheit zwar schon für Frankreich gespielt, gehört aber dem aktuellen Kader der Equipe Tricolore nicht an. Auch ehemalige Nationalspieler wie etwa Ex-ÖFB-Teamkapitän und Leicester-Legionär Christian Fuchs dürften unter diesen Voraussetzungen wohl kein Leiberl in der Premier League mehr erhalten.

Höhere Qualität der Nationalmannschaft?

In den kommenden Monaten werden also nun die Köpfe rauchen, denn es ist Feuer am Dach. Im englischen Verband wäre man, so heißt es hinter vorgehaltener Hand, über eine Beibehaltung der strengen Auflagen gar nicht so unglücklich. Denn eine damit verbundene Reduzierung der Legionäre würde, so die Schlussfolgerung, die Qualität des englischen Nationalteams heben. Denn mehr Engländer würden bei den Topklubs zum Einsatz kommen, so die Logik. Aber wie sagt der Engländer so gelassen: Abwarten und Tee trinken.