Litauens Regierungschef Gitanas Nauseda hat vor Beratungen beim EU-Gipfel Pläne zum Bau einer Barriere zu Weißrussland (Belarus) im Kampf gegen illegale Migration bekräftigt. "Wir sollten über einen physischen Zaun sprechen, als vorübergehende Maßnahme", sagte Nauseda am Freitag in Brüssel. Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) forderte finanzielle Unterstützung der EU für eine solche Barriere.

"Mauerbau ist etwas, was mir sprachlich widerspricht", sagte Schallenberg. Es brauche aber einen "robusten Außengrenzschutz", so der Kanzler weiter, der die Frage stellte , warum ausschließlich litauische Steuerzahler die Kosten dafür tragen sollten, "wenn sie uns alle schützen".

Die Instrumentalisierung von Migranten durch Weißrussland sei "eine hybride Bedrohung auf jeden Fall", ein "Missbrauch der zynischen Art", betonte Schallenberg. Die EU habe gezeigt, dass sie bereits richtige Maßnahmen gesetzt habe, etwa durch die Einstellung von Direktflügen aus dem Irak nach Belarus.

Österreich habe nach Zypern im laufenden Jahr die größte Zahl an Asylanträgen pro Kopf in der EU. "Wir müssen vom reden ins tun kommen", forderte Schallenberg. Dies gelte für die Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Transitländern. Für Maßnahmen an der Außengrenze gebe es Mittel im EU-Budget. "Litauen muss auf unsere Solidarität zählen können", etwa indem Drohen und Zäune von der EU mitfinanziert werden. Rechtlich sei dies möglich, es brauche dazu nur den politischen Willen.

Außerdem sprach sich Schallenberg dafür aus, jene Personen in Weißrussland unter Sanktionen zu stellen, die für den Missbrauch von Migranten verantwortlich seien. "Aber es kann die Sanktionen-Sprache nicht die einzige sein", Österreich wolle auch mit der Zivilgesellschaft reden.

"Hybrider Angriff"

Der litauische Regierungschefs verlangte überdies Änderungen am Schengen-Kodex als Konsequenz durch die Einschleusung von Migranten in die EU von Belarus. Die Zahlen würden weiter steigen. Nauseda sprach von einem "hybriden Angriff" des Regimes in Mink, das überdies Desinformation über die EU verbreite. Man könne nicht mehr von einer humanitären Krise sprechen, die Migration werde als Waffe instrumentalisiert. "Wir wissen nicht was morgen sein wird. Wir müssen entschlossen sein", forderte Nauseda.

Luxemburgs Premier Xavier Bettel betonte: "Wir können das Spiel von (Machthaber Alexander) Lukaschenko nicht mitmachen". Gleichzeitig warnte Bettel die EU davor, das Recht auf Asyl aufzugeben, man müsse die richtige Balance finden. "Wir wissen auch, dass Russland eine Rolle spielt", sagte er.

Schallenberg zog eine positive Bilanz seiner EU-Gipfel-Premiere als Kanzler. "Ich wurde hier sehr professionell willkommen geheißen."

Zur scheidenden deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte Schallenberg: "Sie wird eine Lücke hinterlassen. Sie war ein Ruhepol innerhalb der Europäischen Union." Für Österreich sei wichtig zu wissen, wo Deutschland stehe. Merkel sei "zweifellos eine große Europäerin".