Der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis löst mit seiner Regierungsumbildung Spekulationen aus: Brodelt es in seinem Kabinett? Kommt er mit der Coronakrise nicht mehr zurecht? Kommt es zu Neuwahlen? Was führt der bis jetzt immens beliebte Premier im Schilde?

Es ist ein Treppenwitz der Geschichte: Nach der jüngsten Regierungsumbildung von Premier Kyriakos Mitsotakis gibt es mit mehr als 50 Ministern, Vizeministern, stellvertretenden Ministern und Staatssekretären so viele Posten wie nie zuvor in der Athener Regierungsgeschichte - zumindest seit dem Ende der Militärdiktatur 1974 nicht. Dabei war es just Mitsotakis von der liberal-konservativen Nea Dimokratia, der nach seiner Wahl vor 18 Monaten mit der für Griechenland so typischen Klientelpolitik und Vetternwirtschaft aufräumen wollte.

Zum neuen Innenminister machte Mitsotakis nun den 56-jährigen Rechtsanwalt Makis Voridis, der in den 90er-Jahren die rechtsextreme Partei Elliniko Metopo (Griechische Front) und die ultrarechte Partei Laos (Orthodoxer Volksalarm) mitbegründete, die sich vehement gegen die Aufnahme von Flüchtlingen aussprach. Voridis stammt außerdem aus der Jugendorganisation der Militärjunta und stand dem rechtsextremen Front National von Jean-Marie Le Pen in Frankreich immer nahe. Jean-Marie Le Pen war auch bei Voridis’ Hochzeit 2005 in London dabei.

Noch im Jahr 1985 war es just jener Makis Voridis, der an der Spitze einer Gruppe von Rechtsextremisten das Gebäude der juristischen Fakultät in Athen stürmte, deren Studentenvereinigungen ihn kurz zuvor ausgeschlossen hatten – wegen rechtsextremer Umtriebe. Voridis schwang in seiner Wut einen Hammer, und ist seither in Griechenland auch als „Hammer-Voridis“ bekannt.

2012 trat der Jurist, der in Athen und London sein Studium absolvierte, allerdings zur liberal-konservativen Nea Dimokratia über. Seit 2012 ist Voridis Abgeordneter der Nea Dimokratia, von 2014 bis 2015 war Voridis bereits Gesundheitsminister im Kabinett Samaras. Im britischen „Guardian“ beschrieb sich Voridis selbst als Nationalliberaler mit einem rechtsgerichteten studentischen Aktivistenhintergrund, den Begriff rechtsnational lehnt der zweifache Vater für sich entschieden ab.

Weitere Umbildungen

Die frühere Journalistin Sofia Voultepsi, die seit 2004 der konservativen Regierungspartei Nea Dimokratia angehört, wurde zur stellvertretenden Migrationsministerin ernannt. Sie hatte 2014 in einer Fernsehdebatte gesagt, die Flüchtlinge seien "nicht bewaffnete Eroberer". Mit dem 44-jährigen Nicholas Yatromanolakis, der Vize-Kulturminister wird, holte Mitsotakis erstmals einen bekennenden Homosexuellen in die griechische Regierung.

Die jüngste Kabinettsumbildung ist die zweite seit der Parlamentswahl im Juli 2019. Mitsotakis erfreut sich in der Bevölkerung einer großen Beliebtheit. In der jüngsten Meinungsumfrage, die vom Institut MRB veröffentlicht wurde, kam die Nea Dimokratia auf 38,1 Prozent und lag damit weit vor Syriza, die auf 23,1 Prozent kam.

Bei der nächsten Wahl gilt ein neues Wahlrecht, das die stärkste Partei nicht mehr so stark begünstigt wie bisher. Damit dürfte es für den Wahlsieger schwerer werden, eine absolute Mehrheit zu bekommen und eine Regierung zu bilden.