Neben Bosnien ist Griechenland in den vergangenen Wochen zum europäischen "Migrations-Hotspot" geworden. Während die Regierung in Athen vor einer neuen Krise warnt, unternimmt sie erste Schritte zur Verschärfung der Asylpolitik im Land - zur Abschreckung, wie es heißt. Künftig wird zumindest ein Teil der Geflüchteten in "geschlossenen Zentren" untergebracht, kann sich also nicht mehr frei bewegen.

Lesbos, Chios, Samos

Hauptbetroffen von den Migrationsbewegungen sind die griechischen Inseln, auf die laut Regierungsangaben täglich 500 bis 600 Personen, laut Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) durchschnittlich 200 bis 300 Menschen täglich von der Türkei aus übersetzen. Die drei größten Flüchtlingszentren des Landes - auf Lesbos, Chios und Samos - werden laut den Plänen der konservativen Regierung von Kyriakos Mitsotakis geschlossen.

Fünf neue Einrichtungen, sogenannte "Abflugs- und Identifikationszentren", sollen diese ablösen. Als Standorte wurden Lesbos, Chios, Samos, Leros und Kos genannt. Details sind allerdings keine bekannt. "Es ist nicht sehr viel über die Pläne der Regierung bekannt, deshalb können wir sie auch nicht kommentieren", sagte Christine Nikolaidou vom IOM-Büro in Athen gegenüber der APA. Teilweise sollen alte Flüchtlingslager, deren Schließung nun bekanntgegeben wurde, renoviert und wiedereröffnet werden, in Samos wird laut IOM-Informationen bereits ein neues Zentrum errichtet.

Personen, die in den neuen, geschlossenen Zentren untergebracht werden, ist es künftig nicht mehr gestattet, sich frei zu bewegen. Es soll sich dabei vor allem um Migranten handeln, die wenig Aussicht auf Asyl haben und zurück in ihre Herkunftsländer gebracht werden sollen, teilte ein Regierungssprecher Mitte der Woche mit. Alle weiteren Flüchtlinge, die Aussicht auf Asyl haben, sollen demnach auf das griechische Festland gebracht werden. Die Regierung verheimlicht nicht, dass es bei der Maßnahme um "Abschreckung" geht. Man wolle eine "klare Botschaft" an all jene aussenden, die illegal nach Griechenland einreisten, ohne asylberechtigt zu sein.

"Bequemer Parkplatz für Flüchtlinge"

Kurz vor Ankündigung der Maßnahme hatte Mitsotakis, der seit Juli im Amt ist, einmal mehr eine nachhaltige Lösung in der Flüchtlingsfrage von der EU gefordert. Griechenland werde von der Union als "bequemer Parkplatz für Flüchtlinge" gesehen, kritisierte er. Ins selbe Horn stieß sein Parteikollege, der für Migration zuständige griechische Minister Giorgos Koumoutsakos, der sich derzeit auf Einladung des Wiener ThinkTanks "International Centre for Migration Policy Development" (ICMPD) in Österreich befindet. Eine neue Krise stehe bevor, warnte er im Rahmen einer Konferenz des ICMPD und forderte deshalb, die Länder an den EU-Außengrenzen besser zu unterstützen. "Wenn Griechenland weiterhin alleine gelassen wird, werden die Migrationsflüsse schnell auf andere Länder überschwappen", so Koumoutsakos.

Nach Angaben der Vereinten Nationen sind in diesem Jahr bisher 60.000 irreguläre Migranten in Griechenland registriert worden. Sie erreichen das Land fast ausschließlich über die griechischen Inseln in der Ostägäis, die mit der steigenden Zahl der Bewohner überfordert sind. Das, obwohl die Regierung regelmäßig Flüchtlinge auf das Festland bringt. Bis Jahresende sollen rund 20.000 die Inseln in diese Richtung verlassen. Derzeit sind auf Lesbos, Chios und Samos insgesamt mehr als 27.000 Migranten untergebracht. Zusätzlich will Athen die Rückführung von Migranten in die Türkei und ihre Herkunftsländer massiv vorantreiben - bis Jahresende sollen 10.000 Menschen abgeschoben werden.

Katastrophale Zustände

Vor allem das Flüchtlingslager Moria auf der Insel Lesbos war in den vergangenen Jahren immer wieder in den Schlagzeilen. Mit einer eigentlichen Aufnahmekapazität von 3.000 Personen beherbergt Moria derzeit mehr als 15.000 Menschen. Hilfsorganisationen bemängeln die dort herrschenden katastrophalen Zustände, mehrmals kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen in Moria.

Neu ist die Politik geschlossener Lager für Griechenland nicht. Schon der konservative Ministerpräsident Antonis Samaras (2012-2015) hatte sie verfolgt, allerdings waren die Zahlen damals nicht mit jenen heute vergleichbar. Die nun stattfindende Kehrtwende in der griechischen Migrationspolitik ist wohl auch der wachsenden "Migrationsmüdigkeit" der Bevölkerung geschuldet. Hätten die Menschen 2015 noch ihre Arme und Türen für Flüchtlinge geöffnet, seien nun zunehmend Angst und "verschlossene Türen" zu beobachten, erzählt Koumoutsakos.