Unterhändler der EU und Großbritanniens sind am Samstag in der Früh wieder in Brüssel zusammengekommen, um eine Einigung im Brexit-Streit bis zum EU-Gipfel nächsten Donnerstag anzubahnen. Hintergrund sind neue Angebote des britischen Premierministers Boris Johnson an seinen irischen Kollegen Leo Varadkar.

Danach zeigte sich Varadkar am Donnerstag überraschend zuversichtlich und erklärte, eine Vereinbarung bis zum derzeitigen Brexit-Datum 31. Oktober sei noch möglich. Es geht im Brexit-Streit vor allem um die Vermeidung einer harten Grenze zwischen Irland und dem britischen Nordirland, die den Frieden in der ehemaligen Bürgerkriegsregion gefährden könnte. Die irische Einschätzung ist daher wichtig für die gesamte EU.

Zollpartnerschaft? Über Details ist wenig bekannt

Über Details des britischen Offerts ist wenig bekannt. Durchgesickert ist, dass es eine spezielle Zollpartnerschaft geben könnte, damit Kontrollen an der inneririschen Grenze unnötig werden. Falls eine Vereinbarung zustande kommt, soll sie beim EU-Gipfel am 17. und 18. Oktober beschlossen werden.

Varadkar bekräftigte, dass es keine harte Grenze zwischen der Republik Irland und der britischen Provinz Nordirland geben dürfe. Eine im bestehenden, vom britischen Unterhaus abgelehnten Austrittsabkommen "Backstop" genannte Notfalllösung sieht vor, dass die Grenze nach dem für den 31. Oktober geplanten EU-Austritt Großbritanniens durchlässig bleibt, bis eine endgültige Regelung gefunden wird. Allerdings soll Nordirland bis dahin Teil des EU-Binnenmarktes bleiben. Vergangene Woche hatte Johnson einheitliche Regelungen auf der gesamten irischen Insel für bestimmte Bereiche des Handels vorgeschlagen. Ein Wiederaufbau von Grenz- und Zollanlagen soll vermieden werden.

"Hoffentlich nicht zu spät zur Vernunft gekommen"

Ein zuständiger Abgeordneter im EU-Parlament sah unterdessen einen Hoffnungsschimmer, dass ein ungeregelter EU-Austritt Großbritanniens noch abzuwenden ist. EU-Chefunterhändler Michel Barnier werde jedenfalls sehr ernsthaft verhandeln, sagte der Brexit-Experte der deutschen Linken, Martin Schirdewan, am Samstag der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel. "Bleibt zu hoffen, dass Boris Johnson nicht zu spät zur Vernunft gekommen ist und ernsthaft daran interessiert ist, Friedensprozess und soziale Rechte zu sichern", sagte Schirdewan über die neuen Vorschläge zur Lösung der irischen Grenzfrage. Schirdewan gehört zur sogenannten Brexit-Steuerungsgruppe des EU-Parlaments.