"Times" (London)

"Es ist der Gipfel der Verantwortungslosigkeit, wenn Abgeordnete das Land in einer nationalen Krise zu einem politischen Schwebezustand ohne eine effektive Regierung verurteilen. Die Wahlen über den 17. Oktober hinaus zu verzögern, würde zu der absurden Situation führen, dass ein Premierminister an einem wichtigen EU-Gipfel teilnimmt, bei dem vitale britische Interessen auf dem Spiel stehen, und dort aufgrund einer ihm gesetzlich auferlegten Pflicht eine Politik vertreten soll, mit der er grundsätzlich nicht einverstanden ist. Je länger sich diese Krise hinzieht, desto schwerer der Schaden für die Wirtschaft, den sozialen Zusammenhalt und das internationale Ansehen Großbritanniens. Wenn dieses Parlament keine Lösung findet, sollte es sich auflösen und die Macht an das Volk zurückgeben. Natürlich wäre es möglich, dass eine Neuwahl keiner der beiden Parteien eine Mehrheit bringt. Dann müsste das neue Parlament entscheiden, wie man aus dieser Sackgasse herauskommt, sei es durch eine weitere Neuwahl oder durch eine Volksabstimmung."

"Le Monde" (Paris)

"Boris Johnson, der Ende Juli mit Pauken und Trompeten an die Macht kam, ist vorerst jämmerlich gescheitert: Die Einstiegsprüfung in die wichtigste Institution der ältesten Demokratie der Welt, dem Parlament von Westminster, ist ihm nicht geglückt. Die Hartnäckigkeit, mit der er Großbritannien den Todesstoß versetzen wollte, hat sich gegen ihn gerichtet. Weder die Entscheidung, das Parlament zu beurlauben noch die Drohungen, den konservativen Abgeordneten das Amt zu nehmen, haben ausgereicht."

"Politiken" (Kopenhagen)

"Die Krise ist weitgehend ungelöst. Es könnte immer noch zu einem einvernehmlichen Brexit-Deal kommen, und eine Parlamentswahl könnte das Land noch mehr polarisieren. Aber mit ihrer Aktion in dieser Woche haben die konservativen Rebellen den Weg nach vorne aufgezeigt: dass die britischen Politiker Verantwortung übernehmen und sich zusammenschließen, um eine Lösung für die Brexit-Krise zu finden. Es ist eine nationale Krise. Sie muss gemeinsam gelöst werden."

"Dennik N" (Bratislava)

"Die Abstimmungsniederlagen von Premier Boris Johnson im Unterhaus bedeuten nicht, dass er sich am Ende nicht doch noch durchsetzen kann. Aber es wird für ihn auf jeden Fall nicht so einfach, wie er seinen Wählern weismachen wollte. Schon gar nicht davon zu reden, dass sein sorgsam aufgebautes Image des politischen Genies, das mit der linken Hand allein all das lösen kann, woran andere Politiker scheiterten, natürlich beschädigt ist.

Johnson hat noch immer mehrere Auswege offen, doch ist jeder davon sehr unsicher. Zum Beispiel könnte es geschehen, dass seine Anhänger im Oberhaus noch bis zu der von ihm durchgesetzten Zwangspause des Parlaments das Gesetz blockieren, das einen Brexit ohne Vereinbarung untersagt. So ein Durchsetzen des Brexit um jeden Preis zum Termin Ende Oktober würde aber eine weitere schwere Erschütterung für das ohnehin schon geschwächte britische Parlamentssystem bedeuten und einen sehr schlechten Nachgeschmack hinterlassen."

"Lidove noviny" (Prag)

"Der Brexit, also der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union, soll laut seinen Befürwortern das traditionelle Großbritannien stärken und von überbordender Regulierung und einer Art Sozialismus befreien. Doch das Gegenteil scheint der Fall zu sein. (...) Bei vorgezogenen Wahlen, denen die Labour Party wohl letztlich zustimmen wird, treffen britische Nationalisten unter (Boris) Johnson auf (Jeremy) Corbyns Befürworter einer Nationalisierungspolitik. Beide Seiten stimmen darin überein, dass sie für einen starken Staat und eine großzügige Ausgabenpolitik eintreten. Das sieht nun wirklich nicht nach einer Rückkehr zu typisch britischen Traditionen aus, die bisher von einer sozialistischen und überregulierten EU unterdrückt worden wären."