Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz will gemeinsam mit europäischen Nachbarn ein neues Luftverteidigungssystem aufbauen. Ein solches System "wäre ein Sicherheitsgewinn für ganz Europa", sagte der SPD-Politiker am Montag in einer Rede an der Karls-Universität in Prag. Zudem wäre es kostengünstiger und leistungsfähiger, als wenn jeder seine eigene, teure und hochkomplexe Luftverteidigung aufbaue. Details nannte er zunächst nicht.

Über ein halbes Jahr Invasionskrieg

Das Vorhaben gilt als Antwort auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, der inzwischen mehr als ein halbes Jahr dauert. Deutschland werde in den kommenden Jahren erheblich in die Luftverteidigung investieren, kündigte Scholz an. Dies solle von Beginn an so gestaltet werden, dass sich europäische Nachbarn beteiligen könnten. Konkret nannte er die Niederlande, Polen, die baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen, Tschechien, die Slowakei sowie die Partner in Skandinavien.

In Europa habe man bei der Verteidigung gegen Bedrohungen aus der Luft und aus dem Weltraum "erheblichen Nachholbedarf", sagte Scholz. Alle neuen Fähigkeiten sollten auch im NATO-Rahmen einsetzbar sein. Das Geld für die Investitionen könnte aus dem bereits angekündigten 100-Milliarden-Euro-Topf kommen, mit dem Scholz in den kommenden Jahren die deutsche Bundeswehr modernisieren und stärken will.

Allgemein sagte der deutsche Kanzler mit Blick auf den russischen Angriff auf die Ukraine, "Nie wieder Krieg" zwischen den Mitgliedstaaten sei das Ziel der Europäischen Union gewesen. Heute sei es an der Gemeinschaft, dieses Friedensversprechen weiterzuentwickeln – indem man die EU in die Lage versetze, ihre Sicherheit, Unabhängigkeit und Stabilität auch gegenüber Herausforderungen von außen zu sichern.

Der deutsche Bundeskanzler Scholz hat zudem vorgeschlagen, dass Deutschland sich vorrangig um die Luftabwehr und Artillerie der ukrainischen Streitkräfte kümmert. Bei seinem Besuch in Prag sagte er, dass man gerade ein neues Waffenpaket im Wert von 600 Millionen Euro zugesagt habe. Man brauche eine dauerhafte und verlässliche Unterstützung der ukrainischen Armee.

"Sollten uns schnell verständigen"

"Ich kann mir zum Beispiel vorstellen, dass Deutschland besondere Verantwortung beim Aufbau der ukrainischen Artillerie und Luftverteidigung übernimmt", sagte er. "Auf solch ein System der koordinierten Unterstützung sollten wir uns schnell verständigen." Man werde diese Unterstützung aufrechterhalten, "verlässlich und vor allem: so lange wie nötig".

Er werde zusammen mit der EU-Kommission zu einer Wiederaufbaukonferenz für die Ukraine am 25. Oktober in Berlin einladen, sagt Scholz.