Israel hat am Mittwoch eine vierstündige humanitäre Feuerpause im Gazastreifen angekündigt. Die Waffenruhe solle von 14.00 bis 18.00 Uhr MESZ gelten, sagte eine israelische Militärsprecherin in Tel Aviv.
Beim Beschuss einer Schule der UN-Hilfsorganisation UNRWA kamen am Mittwoch im Flüchtlingslager Jabalija im nördlichen Gazastreifen mindestens 16 Menschen ums Leben, wie ein Sprecher der palästinensischen Rettungsdienste mitteilte. Palästinensische Medien berichteten sogar von 20 Toten.
In dem Gebiet, das ohnehin als überbevölkert gilt, herrscht drängende Enge, weil Zehntausende Palästinenser aus anderen Teilen der Enklave vor den israelischen Attacken dorthin flüchteten. Eine Armeesprecherin in Tel Aviv sagte, eine vorläufige Untersuchung des Vorfalls habe ergeben, dass militante Palästinenser in der Nähe der Schule Mörsergranaten auf israelische Soldaten abgefeuert hätten. Die Truppen hätten das Feuer erwidert.
Insgesamt starben am Mittwoch bereits 67 Palästinenser bei israelischen Angriffen, darunter Angehörige zweier Familien. Sieben Mitglieder einer Familie seien in Khan Junis im Süden des Gazastreifens getötet worden, als ihr Haus von Panzern beschossen worden sei, teilte der Sprecher der palästinensischen Rettungskräfte, Ashraf al-Kudra, mit. Zuvor hatten die palästinensischen Rettungskräfte erklärt, dass sechs Mitglieder einer Familie, darunter drei Kinder, beim Beschuss des Viertels Tuffah im Nordosten von Gaza tödlich getroffen worden seien.
Bisher 1283 Tote
Seit Beginn der israelischen Militäroffensive am 8. Juli kamen nach neuesten Angaben des Gesundheitsministeriums in Gaza 1.283 Menschen ums Leben, etwa 7.200 wurden verletzt. Wie UNRWA-Sprecher Chris Gunness mitteilte, starben auch fünf UN-Mitarbeiter, darunter drei für UNRWA tätige Lehrer. Bisher hätten mehr als 200.000 Palästinenser in UN-Schulen Schutz gesucht.
Der seit 23 Tagen andauernde Militäreinsatz in dem Palästinensergebiet ist inzwischen Israels längster Krieg seit 2006. Er dauert schon länger an als die Konflikte im Gazastreifen in den Jahren 2009 und 2012. Laut israelischem Militär starben 53 Soldaten und 3 Zivilisten, 2.670 Raketen seien seit dem 8. Juli auf israelisches Territorium abgefeuert worden.
Militante Palästinenser setzten auch am Mittwoch ihre Raketenangriffe auf israelische Orte fort. Der im Untergrund aktive Militärchef der Hamas machte eine Waffenruhe im Gazakonflikt vom Ende der israelischen Militäroffensive abhängig. Auch die Blockade der Enklave am Mittelmeer müsse aufgehoben werden, sagte Mohammed Deif am Dienstag in einer über den TV-Sender der Hamas verbreiteten Audio-Botschaft.
Es war die erste öffentliche Äußerung des Anführers des bewaffneten Flügels der radikal-islamischen Organisation, der Ezzedin-al-Kassam-Brigaden, seit Beginn der Offensive vor mehr als drei Wochen. Ein Kommentator des israelischen Fernsehens interpretierte die Erklärung des Hamas-Militärchefs am Mittwoch als mögliches Zeichen für eine nahende Waffenruhe.
Beratungen über Waffenruhe
Israels Sicherheitskabinett wollte am Mittwoch in Tel Aviv erneut über eine Waffenruhe im Gazastreifen beraten. Auch die Möglichkeit einer Ausweitung der Offensive stehe zur Debatte, berichteten israelische Medien. Der israelische Rundfunk meldete, ein türkischer Gesandter sei nach Israel gekommen, um sich für eine Waffenruhe einzusetzen.
Chile und Peru riefen wegen der Verschärfung der israelischen Militäroperationen im Gazastreifen ihre Botschafter in Israel zu Konsultationen zurück. Chile beobachte mit großer Sorge die Einsätze, die derzeit eine "kollektive Bestrafung" der palästinensischen Bevölkerung darstellten, hieß es am Dienstag (Ortszeit) in einer Mitteilung des chilenischen Außenministeriums. Ähnlich äußerte sich das peruanische Außenministerium, das die Unterbrechung der Waffenruhe durch neue israelische Militäroperationen "zutiefst" bedauerte.
Die fünf Staaten des südamerikanischen MERCOSUR-Blocks riefen indes bei ihrem Gipfel in Caracas zum sofortigen Waffenstillstand im Gazastreifen auf. "Wir glauben, dass der israelisch-palästinensische Konflikt das Potenzial hat, die ganze Region zu destabilisieren", sagte Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff.
Israel begründet seine Offensive mit dem anhaltenden Raketenbeschuss radikaler Palästinenser. Zerstört werden soll auch das Tunnelsystem der Hamas.